Doppelpost:
Es kann nicht immer ein Happy End geben
Das dachte ich eh schon viel zu oft in den letzten Wochen, Monaten. Immer wieder neue teils tragische Herausforderungen, irgendwann ist das Leben nicht mehr schön .
Bei mir schlug es auch immer wieder ein, AK 55 halt

. Ein Maläster nach dem andern. Zum Glück aber nichts Existenzielles oder etwas, was man nicht behandeln könnte. So vorgewarnt wollte ich die Chancen nutzen, solange ich noch kann oder sagen wir, meine, zu können

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Ein Ironman in der Heimat mit 10 km Rudern, 180 km MTB mit anschließendem Marathon. Die Wettervorhersage war ideal, nächste Woche habe ich Urlaub, alles vorbereitet, passt. Am Freitagnachmittag bekomme ich allerdings noch einen Anruf aus der Arztpraxis. Sie hätten doch noch etwas zusätzlich gefunden. Na, klasse. Nimmt das kein Ende? Auf Nachfragen, meint die Krankenschwestern, dass es nichts dramatisches wäre und es auch langt, wenn ich nächste Woche mit der Behandlung beginne.
Also gut, keine Absage des Ironman nötig. Ich bin trotzdem fast so nervös wie sonst auch, obwohl es daheim in vielerlei Hinsicht deutlich entspannter ist. Das wird aber sportlich ein richtig hartes Brett. Ich freue mich unheimlich, dass sich einige für die Spendenaktion eingetragen haben , andererseits bedeudete dies auch, dass ich mich im Vorfeld outen musste. Eigenwerbung ist nicht so meine Sache.
Zum letzten Mal der Link. Es kann bis kommenden Sonntag relativ einfach gespendet werden. Auch kleinere Beträge sind herzlich willkommen.

Immer wieder an FlyLive denkend, stehe ich bereits um 3.30 Uhr vor dem Weckerklingeln auf, frühstücke normal, bereite mich in aller Ruhe auf den langen Tag vor. Um 4.40 Uhr starte ich mit dem Rudern. Anfangs bin ich noch etwas verschlafen, die 500m-Zeiten über 3 Minuten. das reicht noch nicht. Ich erhöhe die Intensität und den Krafteinsatz. Jetzt passt es, allerdings mit hohem Pulseinsatz. Also wie sonst beim Schwimmen auch

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Dummerweise wird beim Rudern auch die Beinmuskulatur deutlich beansprucht, obwohl ich betont mit der Kraft aus dem Oberkörper arbeiten will. Beim Schwimmen lasse ich mit Neo die Beine mehr ruhen, egal, weiter.
Nach 45 Minuten stellt das Rudergerät die Berechnungen ein und meldet: Pause. Ich rudere, komme aber nicht voran. Mist. Was jetzt?. Ich schiebe die Haltestange in die Ruheposition, versuche neu zu ziehen. Nach 2-3 Versuchen geht es weiter. Eine Minute vertan, aber halb so wild. Der Tag wird eh noch lang. Nach 53.20 Minuten habe ich die 10 km geschaftt, minimal schneller als bei der 44 Stunden Aktion. Das ist in Ordnung. Altersgerecht mühe ich mich in die Höhe, stolpere die Treppen runter, gehe noch einmal ausgiebig auf die Toilette, ziehe meine Radsachen an, esse einen Riegel, trinke etwas und ca. 5.45 Uhr starte ich mit dem MTB.
Es ist noch sehr frisch, unter 9 Grad. Ich trage eine Kurzarm-Windjacke, Armlinge, Langfingerhandschuhe, lange Komressionssocken und eine leichte Unterhelmmütze.
Geplant ist, diese später je nach Bedarf in meiner Radjacke zu verstauen.
Nur die kurze Radhose lässt sich nicht vermeiden. Das bedeutet in der Praxis ganz einfach: Gas geben oder frieren.
Es ist frisch, aber es läuft. Richtig, richtig gut

. Die Ampeln sind noch aus, keine Wartezeiten, kaum Autos, beim flotten Treten wird mir warm, bzw. das Frieren lässt sich Aushalten .
Genial ist der Moment als Sonnenstrahlen die näher kommende Burg Guttenberg verspielt beleuchten. Das sind die Gründe, warum ich so gerne in der Natur, aber mitunter auch so früh Sport treibe. In Bad Wimpfen blicke ich auf die Uhr, eine Stunde und damit absoluter Rekord
Und es geht so weiter, meine Zwischenzeiten gigantisch. Ist heute der eine Tag der 100 Tage, wo es einmal so richtig gut läuft oder ist nur einer der vielen, der die Grundlage für ein Überzocken legt?

Ich weiss es nicht. Da ich beim Laufen eh allerhöchste Bedenken habe, ohne Training ist halt auch nichts zu erwarten, will ich wenigstens das Radfahren genießen, fast ein Flow.
Vor dem Kloster Schöntal erschrecke ich dann doch. Radweg gesperrt, Umleitung. Murhys Gesetz, irgendetwas muss bei einer Langdistanz immer schief gehen. Ich teste die Abweichung, aber als es nicht nur steiler, sondern auch richtig holprig wird, drehe ich um. Zum Glück kenne ich von den Testfahren die benötigte Streckenlänge und habe auch meine GPS-Uhr dabei. 8,3 km fehlen mir mit Retour für diesen Abschnitt. Zwischen Möckmühl und Jagsthausen lege ich eine Schleife ein, passt wieder.
Jetzt sind gelegentlich auch andere Radfahrer zu sehen, aber weiterhin es relativ ensam. Je Stunde esse ich einen Riegel, trinke Iso. Dank der Kühle ist der Trinkbedarf nicht so groß.
Bei km 90 liege ich knapp unter 4 Stunden, 15 Minuten schneller als mein Rekord.
Ich merke allerdings, dass meine Konzentration etwas schwindet. Zweimal rutsche ich mit den Laufschuhen vom Pedal und knalle mir mit dem weiterlaufenden Pedal die Wade blutig

. Aufpassen! Konzentration, ermahne ich mich.
Erschwerend verdrücke ich mich bei km 112.9 km auf der Uhr. Die Messung stoppt. Ich radele weiter, weiß erst nicht, was ich machen soll. Starte dann nach ca. 6 Minuten ganz neu, jetzt stimmt es wieder. Die Strecke kenne ich zum Glück eh.
Beim Wechsel in das Kochertal treffe ich völlig zufällig 2 sportliche Arbeitskollegen. Wir begrüßen uns kurz freundlich und radeln kurz in vorschriftsmässigen Corona- und Windschattenabstand hinereinander. Allerdings bin ich auf flacher Strecke doch etwas schneller, heute klappt sogar der Aerogriff MTB. Beide Hände direkt nebeneinander in der Mitte des Lenkers . Auf meinen Rückweg von Neuenstadt treffe ich sie noch einmal und wünschen wir uns noch alles Gute, dann geht es heimwärts.
Der Puls rast, aber ich kann mich nicht bremsen, eine SUB 8 ist weiterhin möglich. Das wären für mich in Roth vergleichbare 5.40 Stunden. Das packe ich höchstens einmal im Leben. Also weiter (ins Verderben

. Ich finishe knapp unter 8 Stunden, eine Stunde schneller als kalkuliert, ziehe mich komplett um, trinke etwas , greife mir 2 Gels und trabe los. Herzblatt soll mich bei km 8 treffen.
So weit, so gut

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