Doppelpost:
Dämonen
Ich sitze am Freitagabend während einer warmen Sommernacht im Burghof von Jagsthausen und lausche zusmammen mit Herzblatt den Klängen von Hair. Momente, in denen ich leicht sentimental werden kann, zumal mit Erinnerungen und Rückblenden. 22 Jahren kurz zuvor der tragische Tod meines besten Freundes, später Entscheidungen, die neue Weichen stellten. Die verfrühte Rückkehr von einem Schachturnier, erst-und letztmals ohne Familie, trotz einem Achtungsremis gegen den Deutschen Meister kam keine Stimmung auf und als ich merkte wie unbändig sich der damals zweijährige K1 über meine Rückkehr freute, war es aus und vorbei mit meinen internationalen Ambitionen.
Einige Jahre später erfüllte sich ein langer Traum, die Teilnahme an der Deutschen Pokalendrunde. Ich gewann zwar oft im Bezirk, scheiterte aber regelmässig auf badischer Ebene, mal verdient, öfters unglücklich in den ungeliebten verkürzten Stichpartien. Endlich schaffte ich es. Doch zwei Wochen zuvor bekam mein Vater einen Herzanfall. Es stabilisierte sich alles und ich hätte schon fahren können, doch die Motivation war völlig weg. Für was? Aus und vorbei.
Ähnliche Gedanken habe ich mit Erlangen. Ich bin nervlich von der betrieblichen Dauerbelastung seit 2015 im Verbund mit der MS zu oft am Ende. Sport ja, aber Stress bei der Fahrt, dem Wetter, dem Drumherein, nein. K2 wollte sich am Samstagabend auch noch einen kleinen Traum erfüllen, dies ist wichtiger.
Hotelzimmer kostenfrei storniert, die Zweifel bleiben. Nein oder sicher Nein. Die Wettervorhersagen wechseln von Dauergewitter, Kälte, Dauerregen zu ab und zu trockenen Abschnitten und wieder zurück. Wahnsinn .
Ich sage ab, heuer sammelte ich eh schon zwei DNS, da kommt es nicht mehr drauf an. Ich mache mir daheim einen schönen Tag mit Sport und Spaß.
So hätte die Geschichte enden können.
Aber..
Kuriositäten am laufenden Band
Ich denke an Judith, an sie und mit ihr

.
Ein neuer Schub, Zweifel, welche Träume bleiben, wie geht es weiter? Ich habe ihr Motto verinnerlicht: lebe Deinen Traum. Diese Augenblicke kann Dir keiner auch die MS nicht mehr nehmen.
Ich erinnere mich an Kraichgau. Mein erstes und bis 2018 einzigstes DNS im Triathlon. Frische MS Diagnose, heftigstes Gewitter vor dem Start, angekündigter Dauerregen, zu riskant für MS und betreuende Familie. Doch als ich wieder daheim war, schien den ganzen Tag über die Sonne.
Auch meine Uhr für sportlich besondere Momente tickt. Ich lernte heuer von FlyLive, dass frühes Aufstehen besser ist, als sich noch lange im Bett zu wälzen. Also stehen Herzblatt und ich um 3 Uhr auf, fahren zwei Stunden durch die dunkle Nacht, heftigen Regen um Würzburg, hoffen auf Glück und die Chance.
Als erster checke ich ein, einmal in Führung liegend , sitze über eine Stunde auf der Strafbank(überdachter VIP Platz während des wieder einsetzenden Dauerregens), friere, schlendere in das wärmere Wasser, Startknall.
Zuerst etwas weiter hinten einsortiert, merke ich, dass sie vorn zu langsam sind, ich überhole links, kraule, lebe, bin im Flow des ich kann und ich darf, es läuft, selten genug beim schwimmen, doch ich genieße es wirklich

. Ich beschleunige, sehe die Bojen, schwimme gar nicht mal so quer wie sonst, bin plötzlich bei den vorderen meiner Startgruppe, ziehe es bis zum Ende durch, lasse mich an dem steilen Hang aus dem nassen Element ins nächste nasse Element

helfen, weiterhin kalter Regen, ich wechsle bedächtig, wärme mich harten Gang tretend auf. Die Strasse ist zu einem Drittel nicht gesperrt, später haben wir sogar Stau, wir müssen uns an blockierenden Autos vorbeischleichen. Mein Schönwetterrad blockiert, der Hinterradabstand zu eng für den Schmutz und die kleinen Steinchen. Nützt nichts, weiter, hoffen, dass es hält. Aufklärung, wieder Regen, doch es läuft, meine Temperatur, weder Kreislauf noch MS mucken.
Oft fahre ich einsam, wenn ich mal einen vor mir habe, ist er nach der nächsten eckigen Kurve 50m vor mir. Peinlich, aber ich habe eben nicht mehr die Reflexe, muss es akzeptieren und langsam machen. Danke innerlich Andy, für die Tipps mit den Schlaglöchern
Ich grüße Klappergestell beim Vorbeifahren, bin zufrieden.
Vorsichtig wechsele ich später zum Laufen, trabe bemüht engagiert los, doch die Beine sind schwer, es ist zäh, immerhin solide. Uhr habe ich keine, das Drumherum ist ausgeblendet. Das Ziel ist das Ziel oder auch jeder einzelne Moment des Dabeisein, versuche auf der schmalen Stolpertreppe nicht zu stürzen,
Ich sehe Göga, auch Kässpätzle, beisse auf der zweiten Runde, jetzt möchte ich mich nicht mehr überholen lassen, schnaufe mein Mantra für Durchhaltevermögen und Kampfgeist "Bunte Socke, Bunte Socke", es wirkt , liefere mir ein Dreierduell, mal der eine, mal der andere vorne. Ich treffe bei Km 15 wieder Klappergestell, stoppe kurz für eine ganz herzliche Umarmung und als ob es einen Knoten gelöst hätte. Ich fühle mich in alte Zeiten versetzt, beschleunige lasse die anderen stehen, überhole, überhole, überhole, es läuft richtig gut. Vollkommen verdreckt aber glücklich finishe ich

.
Meine Zeiten erfahre ich erst später:
2000m SW in 40.14 min, 80 km Rad in 2.27.47, 20 km Lauf in 1.43.48 Std mit Wechselzeiten gesamt 5.01.23 Std. und damit 36 min schneller als vor 11 Jahren

in der jugendlichen AK 40 noch ohne MS.
Allen eine angenehme Woche.