Diesel freiblasen, Teil 2 (oder: Ein bischen Schmerz muss sein...)
Nachdem ich die längeren Duathlons in der Umgebung wegen Rückenschmerzen bzw. Terminproblemen nicht mitmachen konnte und der Powerman Germany auch nicht so recht paßte, fiel mit ein Rennen ein, dass ich schon letztes Jahr machen wollte aber nicht konnte, weil ich auf Lanzarote zu der Zeit war: der Krusnoman in Tschechien. Ein Rennen, das es seit 2005 gibt, seitdem auf diversen verschiedenen Distanzen (10-40-5, 20-100-10 etc.), teilweise mit Laufstrecke in Deutschland, war mal kurz Teil einer Serie mit dem Sachsenman zusammen und wurde nur deshalb kein Powerman, weil sie schlicht keine Lust hatten, die hohen Lizenzgebühren zu zahlen. Mittlweile ist die Distanz 5-75-15 laut Ausschreibung, 2200 Höhenmeter insgesamt und das Ganze im Erzgebirge, 15 Km hinter der deutschen Grenze.
Auch wenn mich sowas ja reizt, eigentlich fehlt die Kraft und zu schwer bin ich für sowas auch... Hm... Egal, gemeldet (und prompt schlägt der Wetterbericht von Sonne und 16°C auf 11°C und Regen um). Danach dann mal genauer hingeschaut, was einen da eigentlich erwartet. Ich hab mich lange nicht mehr so intensiv mit einem Wettkampf im Vorfeld auseinander gesetzt, speziell mit der Frage, welches Rad und welche Übersetzungen. Das Höhenprofil weist keine extrem steilen Stücke auf, die Bilder der letzten Jahre allerdings zeigen in der Mehrzahl Rennräder und das oft auch ohne Aufsatz. Erste Überlegung: Rennrad mit Lightweight-Rädern und kurzem Aufsatz. Aber da habe ich das Problem, dass ich nicht zu lange auf dem Aufsatz fahren kann, dann tut es weh (dafür ist der halt nicht gemacht). Dann: Roadwing mit den LWs - aber wenn's regnet, Carbonfelgen? Blöd. Dann: den Trainings-Trirenner mit den Trispokes, Gerät für alle Fälle. Weil - mit dem Rocket mache ich mich ja lächerlich in meiner derzeitigen Verfassung. Hm. Bei der letzten Tempoeinheit am Mittwoch denke ich mir dann "Pfeif drauf, nimm das Wettkampfmaterial und gut ist. Wenn'de langsam bist, dann isses halt so".
Das Rad von der Wand geholt (letzter Einsatz: Roth 2012 bis Km 23, dann Unfall und Lenkerbruch), Lenker getauscht, Rest fit gemacht aber dank Regen keinen Meter mehr gefahren. Na wird schon passen. Ach ja, die Übersetzung. 54/39 und 11-23. Das muss einfach reichen. Damit komme ich bis 12% klar, wenn doch mehr im Weg steht, wird es halt lustig...
Freitag mittag geht es los, Hotel in Seiffen, lustiger Ort, von da kommt ein Großteil der Weihnachts-Schnitzereien, im Ort stehen Nußknacker, Nikoläuse, Engel etc., merkwürdiger Anblick. Unser Hotel ist außerhalb und da ist absolute Stille. Noch ein nettes Essen eingefahren und dann ins Bett. Da der Start erst um 11:00 erfolgt, ist ausschlafen, frühstücken und dann gemütlich losfahren am Samstag angesagt. Knapp 12 Km bis dahin und die Parkplätze sind schon gut gefüllt. Aber keinerlei Hektik oder Streß zu erkennen. Bei der Startnummerausgabe dann die erste kleine Überraschung - hier ist quasi alles zweisprachig beschildert aber die Leute sprechen kein Deutsch, dafür recht gutes Englisch.
Danach ein Blick in die Wechselzone, Fahrradständer mit Sattelaufhängung, relativ hoch, mein Rad wird also frei hängen. Macht nichts, ohne Scheibe und ohne starken Wind geht das. Um zu schauen, wo Start und Ziel ist gehen wir um das Häuschen hinter uns herum und ...
Auf dem Bild sieht man einen Großteil der Laufstrecke. Ich hätte mal statt der langen Analyse der Radstrecke mehr Augenmerk auf die Laufstrecke werfen sollen...
Dann wäre mir vermutlich auch aufgefallen, dass der Zickzack-Kurs unter einem Skilift lang geht. Und was das bezogen auf das Höhenprofil bedeutet:
Man läuft den ersten Kilometer mit Unterbrechungen im freien Fall runter, dann eine kurze und sehr steile Kante, kurzes Stück halbwegs flach und dann den Skihang im Zickzack hoch. Das ganze zweimal. Laufbestzeit letztes Jahr: 17:07 min für 5 km. Ich hatte die Zeiten ja eh schon mit einem Stirnrunzeln betrachtet und mir gedacht, dass das Niveau entweder sehr hoch ist oder die Strecken zu kurz oder beides. Aber 17 min???? Au weia...
Zum ersten Mal wird dieses Jahr auch eine Kurzdistanz ausgetragen, 5-25-2,5, Maja macht da mit (und wird zweite in ihrer AK). Um das Rennen etwas zu entzerren, starten wir 5 min später, dann holt man zwar noch ein paar der Läufer ein aber es wird nicht eng.
Pünktlich zum Startschuß fängt es an zu nieseln. 11°C sind ja prima aber bitte trocken. Ich habe meinen dünnen Einteiler mit kurzem Arm an und nix weiter zum Anziehen am Rad (jaja, ich weiß schon, kann man besser lösen...). Am Start zur LD sind gute 100 Leute und wie bei jedem Duathlon wird von Anfang an Vollgas gegeben. Nur hier steil bergab. Rein optisch laufen die ersten doppelt zu schnell wie ich, unfassbar. Nach dem ersten Kilometer dürfte ich am Anfang des letzten Drittels des Starterfeldes zu finden sein. Mein rechtes Fußgelenk zickte etwas, daher ein bisschen vorsichtiger aber auch sonst bin ich derzeit kein guter Bergabläufer - da rennen die Einheimischen deutlich anders. Nach der ersten Runde fange ich dann tatsächlich an, zu überholen und was ich noch nie gesehen habe: bei einem 5 Km-Auftaktlauf Läufer, die gehen oder sich Krämpfe aus den Beinen dehnen. Und im Hinterkopf der Gedanke - nach dem Radfahren gibt es die Runde 3mal, erweitert um ein Wendepunktstück. Halleluja.
Die letzten 150m zur Wechselzone geht es mit deutlich über 20% Steigung hoch, ab zum Fahrrad, Schuhe an, Helm auf und los. Zu fahren sind laut Ausschreibung 75 Km, laut Karte 78. Und direkt nach dem Aufsteigen geht es 2 Km lang hoch. Deswegen auch nix mit Schuhe am Rad anziehen, wer hier aufhört zu kurbeln, bleibt sofort stehen. Das Streckenprofil:
Eigentlich ganz einfach: 2 Km hoch, 6 Km Wellenschaukel, der Rest runter, wenden und zurück und das Ganze dreimal. Die erste Runde nehme ich zum Kennenlernen und einfahren. Es kommt wie erwartet: sobald es hoch geht, werde ich überholt, auf den flacheren ("flach" gibt es hier wirklich keinen Meter) Teilen überhole ich. Die Abfahrt am Ende der Strecke ist nicht schlecht, keine Engen Kurven, da kann man richtig Gas geben, bis 70 Km/h notiert der Garmin. Am Ende fahren wir etwas weiter als im Profil zu sehen, dort ist es fast flach, so dass man nicht in der Abfahrt wendet. Und zurück... Zieht sich etwas aber geht, lediglich auf ca. 1 Km brauche ich wirklich die 39/23, ansonsten eher den 21er und 19er hinten. Verpflegung sind zwei Flaschen Energie und ein Notriegel, insgesamt nehme ich dann noch zwei Gels an den Verpflegungstellen.
Die Abfahrt in Richtung Wechselzone ist ebenfalls so eine richtige Raserstrecke, der Asphalt insgesamt ist gut, Löcher sind mit Farbe markiert. Leichter Gegenwind auf dem Rückweg aber nicht wirklich störend. Ich schätze mich auf Platz 50, zähle an der Wende durch und bin 44ter. Naja - soweit wohl ok.
Die Runden zwei und drei gehen recht kurzweilig vorbei, hin und wieder nieselt es leicht aber die Straße bleibt trocken. Lediglich einmal verschalten und ein leichter Kettenklemmer, der mich kurz zum Absteigen nötigt stören die Fahrt. Ich stelle wieder mal fest, dass die Sitzposition auf dem Rocket perfekt ist aber für die langen Strecken muss ich im Training länger so fahren. Und: das Thema Aerodynamik wird wieder auf beste Weise bestätigt. Vor mir in der Abfahrt ein P3C mit Zipp 808, der Fahrer meine Statur und mit Aerohelm, quasi der Goldstandard. Er macht sich auf dem Aufsatz klein, ich fahre aufrecht an den Bremshebeln und muss irgendwann bremsen, weil ich auf ihn aufrolle. Soviel dazu... Mag ja sein, dass die Industrie sich ihre Räder schönreden muss, ich brauche keine Windtunnel-Tests, um zu sehen, was schneller rollt.
Am Ende der dritten Runde dann noch ein Gel, noch ein Schluck aus der Flasche, ganz leichtes Seitenstechen und runter vom Rad. Der Garmin zeigt 79,8 Km, 2:36 Std., 31er Schnitt. Ich hatte 2:36 getippt für 78 Km, also alles grün. Die Füße bzw. Ballen etwas taub weil es doch bergab frisch wurde aber noch erträglich. Schuhe an, Mütze auf, Flasche in die Rückentasch, Notgel dazu und los.
15 Km stehen jetzt noch an. Die Laufstrecke:
und das Höhenprofil:
Man sieht: gleiche Runde aber noch eine Wendepunktstrecke dazu und auch die hat es richtig in sich, nochmal ordentlich runter, zum Wendepunkt ein kurzer Stich hoch und das dann wieder zurück. Der erste Kilometer nach dem Wechsel bergab tut einfach nur im Rücken weh, danach wird es etwas besser und irgendwann verschwindet das auch, ebenso das Seitenstechen. Nachdem ich den Wendepunkt der Extraschleife erreicht habe, weiß ich nun auch, was noch vor mir liegt und schätze mal vorsichtig einen 5er Schnitt insgesamt. Die entgegenkommenden Gesichter zeigen allesamt nur eins: Schmerz! Egal ob rauf oder runter, da grinst keiner mehr. Ich kämpfe mich so gut es geht die Berge hoch, die Tatsache, dass man etliche Stücken hat, wo man am Hang läuft und damit total schief macht es nicht wirklich besser.
In Runde zwei kommt die erste Frau noch vorbei, die ich auf dem Rad in Runde 3 geholt hatte. Dranbleiben ist nicht, auch wenn sie sich nur sehr langsam entfernt. Schließlich ist dann der Spaß fast vorbei - bis auf den über 20% steilen Schlußanstieg aus der Runde raus. Noch einmal die restliche Kraft gesammelt und hoch geackert, rechts um die Ecke und die letzten 25m Meter flach ins Ziel. Mann bin ich fertig...
4:16:52 Stunden insgesamt, Platz 30 und 10. AK. Die Ergebnisliste sagt:
24:08 min (41. Laufzeit - die schnellsten hatte 21er Zeiten, also war die Strecke im letzten Jahr wohl kürzer)
1:18 min Wechsel (34. Zeit)
2:36:14 Std. (36. Radzeit, schnellste Radzeit 2:09, unglaublich)
1:21 min Wechsel (31. Zeit)
1:13:50 Std. (29te Laufzeit für 14,3 Km, also 5er Schnitt).
Abends kann ich kaum die Kaffeetasse halten, so alle bin ich muskulär. Wer hätte das morgens gedacht (vor dem Ansehen der Strecke wohlgemerkt...). Aber das Wetter hat gehalten, der Regen kommt erst, als wir ins Auto steigen und Richtung Heimat starten.
Fazit: ein Hammer. Bis auf Zofingen habe ich noch keinen Duathlon gemacht, der dermaßen hart war (und Zofingen tötet vor allem wegen der Länge). Das Teil hier könnte man glatt mal als Frühjahrshöhepunkt nehmen - wenn da nicht die Wetterunsicherheit in dieser Gegend Anfang Mai wäre. Aber: wer sich mal richtig wehtun will, der ist hier richtig!
Und nun noch ein paar Bilder:
Erster Lauf, zweite Runde auf dem Skihang:
Rad-Start:
Rad nach der ersten Runde (Crema: da ist sie, die Problemzone fürs Laufen...
):
Start zum zweiten Lauf, Steilstück nach der Wechselzone bergab:
Und noch ein Zielbild, dass gut ausdrückt, wie sich die Meisten danach gefühlt haben...: