Zwei Wochen ist das Rennen nun her und es wird Zeit, die Eindrücke niederzuschreiben, bevor das eine oder andere Detail verblasst... Viel Spaß beim Lesen!
Roth 2010 - Alles ist gut!Die VorbereitungNoch 20 min bis zum Start - Ich habe Angst! Es ist lange her, dass ich mich so gefühlt habe wie dieses Jahr am Start in Roth. Doch der Reihe nach...
Anfang Dezember 2009
Eigentlich wolle ich schon seit einem Monat wenigstens regelmäßig schwimmen gehen. Die wochendendlichen Waldläufe hatten zumindest dafür gesorgt, dass die wenige Laufform die ich zu den Zeitpunkt hatte, nicht ganz verloren ging. Radfahren war kaum und schwimmen gar nicht. Und die Waage zeigte 72,5 Kg.
Nach dem Desaster in Roth 2009 mit einem Marathon in 3:59 Std. war klar - diesmal will ich vernünftig durchkommen. Trainingsbeginn im Dezember mit 4 Wochen Vorbereitung und Einstieg Anfang Januar ins richtige Training daher unumgänglich. Mein Kopf jedoch wollte etwas Anderes und blockierte mich diesbezüglich. Auch klar war: ohne einen massiven Gewichtsverlust brauche ich mir keine Gedanken über flotte Zeiten machen. Keko meinte auf meine Aussage "Da müssen 8 Kg weg!" nur "8 Kg? Wo denn? Du spinnst!" Aber egal, ich stellte meine Ernährung um auf weniger Kohlehydrate und tatsächlich ging trotz äußerst geringen Trainingsumfängen das Gewicht Ende Dezember leicht runter. Zu Jahresbeginn waren es noch 71 Kg. Weiter 7 Kg in 6 Monaten erschienen ambitioniert aber nicht unmöglich.
Der Januar brachte dann immer noch kein geregeltes Training. Zwar ging ich ein paar Mal in die Halle und knallte Intervalle auf die Bahn, bis mir fast die Lunge platzte aber schwimmen und radfahren blieb weiterhin bei fast Null. Erst am 31. Januar machte es klick - ehrlich gesagt weiß ich gar nicht genau warum aber danach war klar: kein Tag mehr ohne Training. Das Gewicht am 29. Januar: 69,5 Kg. 5,5 Kg to go. Fünf Monate sind knapp aber noch grade so im Bereich des Machbaren. Die Umfangsplanung wurde mehrfach nach unten korrigiert, die Trainingslager geplant, die Hoffnung auf ein irgendwann mal wieder eisfreies Trainingsgebiet geboren.
Spezielle Letzteres sollte sich jedoch als echtes Hindernis entpuppen. Schrauben in den Laufschuhen als Hilfe, um auf den permanenten Eisplatten Berlins zu laufen waren ok aber auch kein Allheilmittel. Die traditionelle Winterserie in Berlin war dann auch wirklich eine. Heftiger Neuschnee beim 10er und 15er, der Halbmarathon bei minus 15 °C, am Ende ein zweiter Gesamtrang, das war schon ein erstes Zeichen, dass zumindest das Laufen wieder funktioniert.
Um hier weiter zu arbeiten ging ich regelmäßig auf die Bahn:
10x 200 in 33s
15x 400m, 79, 77, 76, Rest 75s, Pause 100m Trab
8x 1000m: 3:27 min, 3:23 min, 3:20 min, 3:20 min, 3:20 min, 3:20 min, 3:19 min, 3:18 min
4x 1000m, 3:12, 3:10, 3:09, 3:08 min, Pause 1000m
Serien, die ich zuletzt vor 10 Jahren gelaufen bin, was mich selbst erstaunte, andererseits aber auch Zuversicht gab, dass ich doch noch laufen kann, wenn ich es richtig anstelle.
Statt draußen auf Eis zu fahren, setzte ich mich zum ersten Mal richtig auf die Rolle:
10x 15sec max U/Min., 45sec Pause
6x 5 min hoher Widerstand
4x 10min steigender Widerstand
etc.
Und siehe da: es brachte was, wie ich im Trainingslager in Portugal erfahren konnte. Bis dahin grade mal 180 Km Straße gefahren - also quasi gar nicht. Das Wetter dort war gruselig, auch hier wieder deutlich weniger Kilometer als geplant, dafür alles ziemlich flott. Auf meiner Standard-Abschiedsrunde (268 Km) deutlich schneller als je zuvor und das ohne Aero-Renner, ein schönes Zeichen.
Gewicht Ende Februar: 69 Kg. Nach dem TL: 67,8 Kg. Immerhin. Es ging vorwärts.
Ende März dann der erste Test: 10 Km Straße, laut Garmin rund 100m zu lange und 35:09 min im Ziel. Aha. DAS ist natürlich ein echter Bringer, so schnell war ich vor 10 Jahren das letzte Mal...
Danach dann aufgrund des nun endlich verträglichen Wetters das "richtige" Training aufgenommen. Und bis zum zweiten TL noch etwas Kilometer gesammelt. Auf Lanza dann den Volcano mitgemacht und einige absolute Brecher-Einheiten, nach denen ich teilweise nicht mal mehr in der Lage war zu essen. Aber in den Muskeln kam es an...
Anfang Juni dann stagnierendes Gewicht bei knapp 67 Kg, die Form kommt langsam.
Und dann begann eine Trainingsphase, die ich immer noch nicht richtig einordnen kann. An sich lief alles, ich trainierte jeden Tag, wenn der Körper "Ruhe!" meldete halt nur 5 Km traben ansonsten hohe Intensität und sehr ruhig im Wechsel. 6 Wochen vor dem Challenge die erste lange Koppeleinheit, 4x 40min Havelhügel, anschließend 20 Km stur Puls 150 in 1:22 Std.. Perfekt! Das jetzt noch etwas ausbauen und ich bin in Bombenform. Es kam aber ganz anders. Mit jeder Woche wurden die Einheiten schlechter, teilweise musste ich bei den Intervallen stehenbleiben, es ging einfach nicht. Auch die Koppelläufe wurden langsamer.
Beim ersten Test in Moritzburg konnte ich gut schwimmen, schlecht radfahren, gut laufen, am Rothsee ging gar nix, in Neuruppin platzte mir der Hinterreifen nach 12 Km. Dazu dann noch massiver Streß in der Arbeit und irgendwann nur noch schwarze Gedanken. Wie sollte das bitte ein guter Wettkampf werden???
Das Gewicht allerdings hatte sich nochmal deutlich reduziert. Einigermaßen erstaunt aber natürlich höchst erfreut durfte ich auf der Waage in der Woche vor dem Rennen 64,3 Kg lesen. 8 Kg weniger als Anfang Dezember - bei einer Größe von 172cm eine feine Sache.
Die Statistik sagte dann von Anfang Januar bis zum Challenge
S: rund 100 Km
R: rund 5000 Km
L: rund 1600 Km
Anreise nach Franken war traditionell am Mittwoch und irgendwie war der Tapetenwechsel wohl doch gut, denn die schlechte Stimmung verkrümelte sich langsam und wich einer leichten Zuversicht. Das Training am Mittwoch war ok, ich haderte allerdings immer noch mit meiner Sitzposition, an der irgendwas nicht richtig stimmte. Sattel vermutlich ein paar Millimeter zu niedrig. Ein Abstecher zu Buchstaller war unvermeidlich, denn ich bekam den Hinterreifen ums Verrecken nicht auf die Scheibe. Donnerstag - Samstag dann nur noch lockere Einheiten.
Ach ja, fast vergessen: am Donnerstag wache ich auf und habe einen Insektenstich im rechten Fuß. Juckt ziemlich und ist leicht dick. Naja, passiert... Am Freitag habe ich noch zwei Stiche, einen im Arm, einen am anderen Bein und die sind mittlerweile richtig dick. Mit dem rechten Fuß komme ich fast nicht mehr in die Laufschuhe, der linke Unterarm hat eine fast hühnereigroße Beule. Schmieren mit allem was Anjas Apotheke hergibt hilft nur bedingt weiter. Das kann ja heiter werden am Sonntag, wenn ich nichtmal richtig in die Laufschuhe komme...
Das restliche Programm ist business as usual: Donnerstag abend das traditionelle grillen, Freitag Nudelparty, Samstag Rad Check-In, danach Kuchen essen (mit etwas mehr als den geplanten Gästen und sorry Osso - aber das nächste Mal wirste geknebelt!

).
Nach dem Abendessen noch der obligatorische Abstecher zum Heuberg, ein paar von den Emus treffen, noch ein wenig plaudern und dann wieder heim.
Dort angekommen kommt die Nervosität langsam durch. Irgendwie fühle ich mich komisch. Aber das ist letztlich ein gutes Zeichen. Erst am späten Samstag abend fange ich dann mit dem Anrühren der Verpflegung an. Dauert doch wesentlich länger als gedacht. Alles abwiegen, anmixen, abfühllen, immer wieder rechnen und mit Strecken- und Zeitplan vergleichen. Am Ende bin ich erst um 1:00 im Bett - der Wecker klingelt um 3:30. Reichlich spät, aber wie sagte schon Greg Lemond? "Große Schlachten werden nach schlaflosen Nächten geschlagen!"
Soweit die Vorbereitung...