Hier mein "offizieller" Bericht zu Gérardmer. Der geneigte Leser möge ihn lesen
Angeboten werden neben dem XL-Triathlon über 4/120/30, ein Einsteigertriathlon über 0.5/20/5, ein Kindertriathlon und eine Kurzstrecke über 1.5/40/10. Insgesamt waren an diesem Wochenende über 3.000 Triathleten auf den verschiedenen Strecken am Start. Die Organisation ist ausgereift, professionell und trotzdem freundlich. Da sie nie den Anspruch hat, perfekt sein zu wollen, kommt auch niemals Hektik oder Stress auf.
Nachdem sich am letzten Augustwochenende die meisten Urlauber aus Gérardmer („Schärarme“) verabschiedet haben, fallen ab Dienstag die ersten Triathleten über den Ort her. Bereits am Mittwoch herrscht bei schönem Wetter auf den diversen Wettkampfstrecken buntes Treiben. Spätestens am Freitag haben Triathleten endgültig das Heft in die Hand genommen und herrschen in den nächsten Tagen über die kleine Stadt. Ich entschied mich diesmal für den XL, der am Samstagmorgen gestartet wird. Knackpunkt ist die triathlonuntypische Radstrecke über 120 Kilometer, die aus 3 Runden besteht und insgesamt über 2.500 Höhenmeter aufweist. Pro Runde sind 3 Anstiege auf bis zu knapp 1.000m Meereshöhe zu überwinden. Aus Sicht von Gérardmer sind Radstrecken wie Roth oder Frankfurt superflache Kindergeburtstage.
Gestartet wird in 2 Gruppen vom Land aus: zunächst die Elite und die französischen Meisterschaften, ein paar Minuten später die offene Klasse. Die 4 Kilometer werden als „eckiger“ Rundkurs geschwommen und weisen insgesamt 6 Bojen mit scharfen Richtungsänderungen aus. Dazu ist der See windanfällig, was das Schwimmen im Mittelteil zwischen 2.000m und 3.600m, wenn man den See auf dem Rückweg überquert, etwas wellig werden lassen kann. Ich stelle mich mutig in die erste Reihe und als mein Nachbar einen Frühstart auslöst und ich instinktiv hinterher renne, kann ich sogar einige Meter ganz vorne im Wasser schwimmen. Meine Runde verläuft harmonisch und gleichmäßig. Schon nach wenigen Metern finde ich Anschluss an eine kleine Gruppe, die bis zum Schluss hält. Nach 1:01 Stunden erreiche ich entspannt das Ufer.
Da in der Nacht vorher starker Regen aufkam und wir schon vor dem Start völlig durchnässt waren, wollte ich im Hinblick auf meine Gesundheit nur das Schwimmen absolvieren und danach aussteigen. Denn seit Roth und der dortigen legendären Regenschlacht plagt mich mein Ischiasnerv zeitweise gewaltig verdächtig und ich wollte weitere Komplikationen durch Kälte und Regen nicht provozieren. Ich zog mich also im Wechselzelt noch um, stieg auf mein Rad, um dann am Ortsende von Gérardmer in Richtung unsere Ferienwohnung zu steuern. Nach 25 Jahren Triathlon ist das allerdings alles andere als leicht. Ich schaffte es nicht und fand mich nach 2 Kilometern tatsächlich den ersten Anstieg hochklettern, wohl einfach nur um zu sehen, wie es wäre, wenn ich fahren würde :-) Es fühlte sich eigentlich gut an und der starke Platzregen und der kalte Wind machten mir und besonders meinem lädierten Rücken noch nichts aus. Also fuhr ich weiter den Col des Feigenes hoch und die rasante, 11km-lange Abfahrt nach La Bresse hinunter. Ist man erst mal dort, muss man sowieso auf der Triathlonstrecke zurück nach Gérardmer. Die erste Runde fuhr ich in 1:28 Stunden und wohl einfach nur um zu sehen, wie es wäre, wenn ich eine zweite Runde fahren würde, nahm ich diese in Angriff. Es regnete immer noch sehr stark und dazu wurde es bei den Abfahrten lausig kalt. Letztendlich haderte ich nur noch mit meinem Ischiasnerv, dem endlosen Regen, der Kälte und den Steigungen. Auf der Suche nach einem Grund nun endlich doch auszusteigen, wurde ich am Ende der zweiten Radrunde fündig, als ich in wilder Abfahrt nach Gérardmer hinunter, beinahe links von der Fahrbahn abkam und über die Leitplanke flog. So schaffte ich es nun doch nach 4h Wettkampfzeit am Ortsende von Gérardmer in Richtung unsere Ferienwohnung zu steuern. Gezeichnet von Dauerregen und Kälte kam ich dort völlig erfroren an, gönnte mir einen Teller heißer Spagetti und schob meinen geschunden Körper unter zwei dicke Wolldecken.
Fazit: Gérardmer bietet mit den unterschiedlichen Distanzen ein unverwechselbares Wettkampfwochenende für den Einsteiger ebenso wie den erfahrenen Ausdauerfreak. Die Strecken rund um den herrlichen See sind ebenso schön wie herausfordernd. Für relativ humane Startgebühren bekommt man viel und erstklassigen Sport geboten. Da Wechselzone, Start, Ziel, Wettkampfbesprechung, Nudelparty und Siegerehrung direkt in unmittelbarer Nähe zum See sind, erstrecken sich die logistischen Anforderungen auf ein Minimum. Ferienwohnungen, Hotels und Pensionen sind in unmittelbarer Nähe buchbar. Das in die bergige Landschaft der Vogesen eingebettet Rennen ist routiniert verlässlich organisiert und ist eine echte Alternative zum Ironman-Hype.
Provisorische Ergebnisliste ETU Gérardmer Long Distance European Championship.
Frauen:
1. BARKUN Natalia BLS 7:04:35
2. PELLETIER Delphine FRA 7:07:44
3. KLINGLER Nicole LIE 7:23:29
4. SIG MÖLLER Sara DEN 7:26:34
5. KIVIRANTA Merja FIN 7:34:22
6. MATTHES Dagmar GER 7:42:42
7. NOVAKOVA Eva CZE 7:46:29
8. WELLEKENS Françoise BEL 7:49:45
Männer:
1. GAMBLES Joe GBR 6:18:04
2. AMEY Paul GBR 6:22:32
3. LE FLOCH Xavier FRA 6:23:33
4. REBOUL Gilles FRA 6:27:05
5. JOHNSEN Jimmy DEN 6:37:28
6. KOHL Frédéric AUT 6:38:54
7. AHLFORS Rasmus DEN 6:38:57
8. ANNOVAZZI Matteo ITA 6:40:02
9. GUILLAUME Romain FRA 6:41:06
10 KRISTL Filip SLO 6:42:54
11. VODEHNAL Jan CZE 6:43:34
12. VABROUSEK Petr CZE 6:43:42