Moret-Triathlon 2008 - Der Tragödie zweiter Teil
Nach meinem eher durchschnittlichen Ergebnis im Kraichgau hatte ich echte Probleme, mich am Samstag (!) für den Start beim Moret-Triathlon aus dem Bett zu quälen
.
Dabei hat der Wettkampf ("eine der zehn schönsten Halbdistanzen in Deutschland") für mich als bekennenden RTF-Spätstarter den unschlagbaren Vorteil, daß der Start meist um die Mittagszeit stattfindet.
Ach ja, wo ist "Moret"?
Das ist eine Gegend in der Nähe von Dieburg, das wiederum liegt in der Nähe von Darmstadt und das liegt in der südlichen Hälfte von Hessen.
Die Distanz waren offiziell 2/80/21, der Wettkampf fand im 24. Jahrgang statt - man durfte also eine gut organisierte Veranstaltung erwarten.
Und das war's im Gesamteindruck auch.
In manchen Aspekten erinnert sie an die Pionierzeiten des Sports
, manche Modernisierungen hielten jedoch Einzug. Aber der Reihe nach:
Anfahrt und Parken waren am Morgen kein Problem.
Die Ausgabe der Startunterlagen ging schnell und unkompliziert, und in der Wundertüte war einfach alles drin, inklusive Finisher-Shirt.
Die Veranstaltung richtet sich an
Routiniers, denn es ist ein wenig Glückssache, am Ende noch Aufkleber für die - im übrigen selbst mitzubrigenden (!) - Wechselbeutel übrig zu haben und Helm und Fahrrad trotzdem ordentlich gekennzeichnet zu haben.
Besonders an dem Wettkampf ist auch der Umgang mit den Wechselbeuteln und den Wechselzonen
:
Für die zweite Wechselzone braucht man eigentlich keinen Beutel, denn hier hat jeder ein kleines Stück auf einer mit Nummern gekennzeichneten Rasenfläche, wo er seine Sachen nach Gusto arrangieren kann; diese Wechselzone liegt in der Nähe des Zielbereichs.
Zielbeutel gibt's nicht, denn das Auto steht ja in der Nähe.
Der Beutel für die erste Wechselzone war inklusive der Schwimmsachen, aber ohne Radschuhe und Helm (!) bis etwa 75 Minuten vor dem Start an einem Laster abzugeben, mit dem er zu dem Baggersee gefahren wurde, wo das Schwimmen stattfand.
Etwa 60 Minuten vor dem Start fuhren alle Teilnehmer im Konvoi mit ihren Fahrrädern ungefähr 20 Minuten an den See.
Dort gab es Gelegenheit, die Fahrräder in dafür vorbereitete Ständer - nicht die üblichen Stagen zum Aufhängen - zu parken. Am Fahrrad durften nur Helm und Schuhe (Socken etc.) bleiben, klare Ansage: Was nach dem Wechsel noch dort liegt, wird nicht den Teilnehmern zusortiert, sondern kommt auf einen großen Haufen.
In der Nähe des Schwimmausstiegs - etwa 500 m über Rasen und Asphalt zu laufen - wieder eine Rasenfläche, auf der die Beutel nach Startnummern geordnet stehen. Auch hier wieder die klare Ansage: Was nach dem Wechsel nicht im verschlossenen Beutel ist, kommt auf den Haufen.
Die verschlossenen Beutel werden in den Zielbereich gefahren.
Keine Helfer in der Wechselzone, keine Sitzgelegenheiten, wenig Teppich, keine Bandenwerbung, Absperrungen mit Flatterband.
Ich sagte ja eingangs, hier lebt der Pioniergeist des Sports noch weiter.
Weil im Baggersee werktags noch gebaggert wird, steht der genaue Verlauf der Schwimmstrecke immer erst sehr kurz vor dem Wettkampf fest; dieses Jahr gibt der Veranstalter 1.950m an.
Zum Startpunkt sind etwa 800m zu gehen, auf der Strecke war ein Mal unter einem sehr flach hängenden Drahtseil und einem Förderband durchzuschwimmen.
Nach wie vor eher mäßig motiviert trottele ich zum Start, da kommt auch schon der Rundruf (Lautsprecheranlage? Beschallung? Schnickschnack!), es wäre in drei Minuten Start.
Dafür ist der Start ganz gemütlich im stehtiefen Wasser, dicht gedrängt ist anders, es gibt einen echten Startschuß aus der Pistole und es geht ganz gemütlich los. Das Wasser ist mit fast 21° sehr angenehm, mäßig trüb, ich kann alle sehen und meistens ausweichen, lange bevor es eng wird.
Ich taste mich auf der ersten langen Geraden an meinen Rhythmus heran, finde ihn bald und es fühlt sich nicht mal schlecht an. So gut, daß ich nach der ersten Boje ein wenig anziehe und immer mal wieder noch ein wenig mehr. Ich habe keine Ahnung, wie ich im Feld liege, Zwischenzeit findet ohne Landgang auch nicht statt.
Die relative Ruhe, der Sonnenschein und das offene Gewässer machen richtig Freude
und für meine Verhältnisse fliege ich förmlich um die letzte Boje in Richtung Ausstieg.
Nach für mich sehr guten 37:14 erreiche ich den kurzen Teppich und beginne mein Wechselwunder, bei dem ich Fragen der Temperatur und Regenwahrscheinlichkeit ausgiebig erörtere, bevor ich vergesse, mein Beutelchen ordentlich zu packen und mich auf den Weg in Richtung Fahrrad mache.
Trotz erstmalig per Chip gemessener Zeit fehlen Angaben zur exakten Wechselzeit (müßten knapp 6 Minuten gewesen sein), aber das ist auch besser so.
Ich mache mich auf den Weg. Gefahren wird nach StVO, die Strecke ist nicht grundsätzlich gesperrt, wenngleich an vielen Stellen der Verkehr geregelt wird.
Durch einen Erdrutsch mußte die Radstrecke kurzfristig verlegt werden, so daß sie nun mit 84km und gut 1.000 Höhenmetern (vorderer Odenwald) angegeben ist.
Windschattenfahren ist also nicht das dominierende Thema, entsprechend selten kommt es aufgrund der etwa 400 Teilnehmer auch vor; Kampfrichter sind selten aber auch in dem von mir zu überschauenden Teil des Feldes bis auf einen elenden Sauger
absolut nicht nötig. An zwei Stopschildern ist wirklich anzuhalten, Fuß auf den Boden, wer's nicht macht, wird disqualifiziert. Ehrlich.
Es läuft zunächst nicht schlecht, dennoch gebe ich nicht alles - ich will ja auf der zweiten Runde an den Steigungen auch noch meinen Spaß haben.
Zuschauer gibt es gelegentlich, es gibt aber auf der Runde nur eine Stelle, an der sich während der ersten Runde so etwas wie ein Stimmungsnest (
Danke QRoo!
) erkennen ließe - vielleicht 80 Leute an einer Steigung.
In einer engeren und recht schnellen Ortsdurchfahrt ist deutlich Vorsicht geboten; einige Verkehrsteilnehmer sind mit der Situation überfordert.
Ansonsten läßt sich die Strecke jedoch sehr gut fahren.
Das Feld wird an der Verpflegungsstation auf Schrittempo heruntergebremst, es können Trinkflaschen (alt gegen neu) getauscht werden.
Die zwei Runden vergehen zügig ohne viel Kontakt mit anderen Teilnehmern; der Weg zurück (etwa 10 km) ist durch den aufkommenden Wind etwas anstrengender, aber ich komme frisch und munter in die Wechselzone zwei.
Es folgt ein wie gewohnt routinierter und souveränder Wechsel (gut drei Minuten, wo ist meine Kuscheldecke?
) und so bin ich mit einem Radsplit von 3:02:37 auf der Laufstrecke.
Da gibt's in Anbetracht meiner an sich erbärmlichen Form mal nix zu meckern!
Zu laufen sind drei Runden à nicht ganz 7km, relativ flach, davon 6km durch Feld, Wiese, Wald, asphaltiert, geschottert, der Rest durch den Ort.
Ich laufe los, den ersten Kilometer erwartungsgemäß in nicht ganz 5 Minuten, danach stabilisert sich das Tempo knapp über 5 min/km.
An den Verpflegungsstationen gibt es Cola oder Wasser (Iso nur an einer), also gibt's ab der zweiten Cola - an der ersten gibt's vor Entsetzten garnix.
Das Tempo hält die erste Runde, ich gehe guter Dinge in die zweite Runde, warte auf Schmerzen, Krämpfe, Lustlosigkeit.
Vergebens, auch die zweite Runde vergeht wie im Flug.
In der dritten Runde werde ich wagemutig und ziehe ein wenig an. Erwartungsgemäß kann ich das nicht sehr lange halten, es kommt aber auch kein Einbruch. Selbstverständlich krame ich auf den letzten beiden Kilometern noch ein paar Krümel aus, und so komme ich mit für mich sehr ordentlichen 1:44:46 von der Laufstrecke; das waren zwar keine 21 Kilometer, aber das paßt trotzdem.
Im Ziel ist es ziemlich schnell recht kühl,
so daß der Genuß dort eher spärlich ausfällt; die Zielverpflegung ist mit Melonenscheiben, Zitronen, Bier, Cola, Red Bull nicht der ganz große Kracher, dafür waren im Startbeutel aber Verzehrgutscheine von 5 Euro für Kuchen, Leberkäse undsoweiter.
Jetzt ist es ein wenig Arbeit, das Zeug einzupacken, denn mein Neo ist nicht im Schwimmbeutel - ich hatte ihn ja nicht 'reingepackt
. Erkenne ihn trotzdem an der Kragenbeschriftung, immerhin hatte ich ihn in mit der Schwimmbrille in den Netzbeutel getan.
So habe ich bald mein Zeug zusammen, setze mich ins warme Auto und freue mich über einen wirklich schönen Wettkampftag.
Die Zeit ist mit 5:24:39 absolut in Orndung; 2005 hatte ich zwar 5:21, aber auch vier Kilometer weniger zu fahren.
Insgesamt war es einer dieser wundervoll urtümlichen Wettkämpfe, die eine wohltuende Gegenbewegung zum lauten, kommerziell betriebenen Triathlon darstellen.
Und wenn's in die Wettkampfplanung paßt und ich einen Startplatz kriege, bin ich 2009 wieder am Start.
Jetzt muß ich mich für's kommende Wochenende schonen und noch ein wenig ins Solarium legen,
Beine rasieren und so, denn ich starte bei einem ebenso handgemachten kleineren
Wettkampf mit der viel versprechenden Nummer 1
.
Mag sein, daß ich gleich noch mal zu Edith gehe und mit ihr gemeinsam ein paar Emoticons verteile...