Nur mal kurz eine Geschichte aus dem wahren Leben:
Man hat eine Gruppe mit rund 15 Jugendlichen. Alle haben die deutsche Staatsangehörigkeit. Geboren sind manche jedoch in der Türkei, in Rußland, Kasachstan. Alle, die die deutsche Staatsbürgerschaft haben, wurden mit dieser geboren oder haben sie extra beantragt. Viele sind auch in Deutschland geboren, haben aber türkische Eltern oder Eltern anderer Nationalität.
Irgendwann ist ein Deutscher nicht der gleichen Meinung wie einer derer mit Nicht-Deutschen Familien. Egal zu welchem Thema. Irgendeiner der Jugendlichen mit ausländischen Eltern schreit "der ist ja nur ausländerfeindlich!" Die Situation schaukelt sich hoch...
Man versucht zu vermitteln, zu differenzieren, auf die sachliche Entscheidung zurückzukommen. Keine Chance.
Und spätestens nach dem Argument "Wir sind hier alle Deutsche, ich will hier nix mehr hören von "DIE Russen schlägern immer, DIE Türken stänkern oder DIE Deutschen sind gegen die Ausländer" - dann kommt von den Jugendlichen mit russischem Hintergrund "Aber wir sind keine Deutschen, wir sind Russen!!! - und als Russe schlägert man halt!!!" und von den Türken kommt "Deutschland ist voll scheiße, Türkei ist viel schöner, aber da geh ich nur zum Urlaub hin" und reden mit vorliebe im Unterricht lautstark in der Muttersprache ihrer Eltern miteinander und wehe einer wagt mal zu sagen, sie möchten sich auf Deutsch äußern "Wir sind Türken/Russen etc. , wir können kein Deutsch (äh... wo bist Du geboren?), man kann von uns nicht verlangen, daß wir auf Deutsch antworten (nein, kann ich nicht? Wo leben wir?)
Meine Erfahrung mit ausländischen Jugendlichen ist häufig, daß sie keine Integration wollen, sondern einen Sonderstatus wollen. Daß der türkische Kronprinz es nicht nötig hat, zu tun, was eine deutsche Lehrerin verlangt etc.
Wir brauchen nicht über die bösen deutschen philosophieren, die sich weigern, die Ausländer zu integrieren. Das geht nämlich nur, wenn sich jemand integrieren will. Wenn jemand nicht stolz darauf ist, daß man als Russe nun mal ständig besoffen sein muß und in der ganzen Stadt gefürchtet sein muß, weil man ja so schlägert und sofort seine Kumpels holen kann, die einen kaputt hauen. "Wir kennen da nix - wir sind Russen!"...
Willkommen in der Realität.
Und auch da hilft kein Labern, kein "wir haben uns alle lieb, wir sind gegenüber allen tolerant, wir müssen bessere Menschen sein".
Ich finde es völlig daneben, wenn sich jemand an keine Regeln hält, kriminell ist und sonst was anstellt. Egal ob Deutscher oder Ausländer.
Nur wer regelmäßig erlebt, daß die Schlägereien auf den Feten auf dem Land immer von den Russen ausgehen, die mal wieder sturzbesoffen zu stänkern anfangen, wenn sich durchsetzt "in die Disko kann man als Frau nicht mehr gehen, da sind nur Türken, die einen belästigen" - dann versteh ich, wenn man kritisch wird.
Der Frust und die Feindlichkeit beeinflussen sich sicher wechselseitig. Die einen werden "rechts", weil sie da eine Chance erahnen, daß man gegen die Angst was tun kann. Die anderen trauen sich einfach nix mehr sagen. Wir machen einfach lieber gleich, was die ausländischen Jugendlichen wollen - dann riskieren wir nicht, daß wir auf dem Parkplatz vor der Disko geschlagen werden oder daß im ganzen Schulhaus eine Hetze gegen einen einzelnen deutschen Schüler läuft...
Das ist sicher keine Standardsituation für das Bildungsbürgertum – aber unser Land besteht auch nicht nur daraus. Und nur, in dem man den Deutschen predigt, daß sie noch toleranter sein müssen (ich wäre so was von intolerant, wenn ein Russe meinem Kind einen Zahn ausschlägt wie ich auch intollerant wäre, wenn das ein Deutscher bei meinem Kind machen würde), daß doch alle gleich sind (so ein Quatsch, keiner ist gleich einem anderen, zum Glück) wird sich nix ändern. Und für die Unterschicht oder eine soziale Lage mit entsprechend unqualifizierten oder gar rechten Ideologien brauchen wir einfachere Worte, um ihnen eine Idee von gelungenem interkulturellem Zusammenleben zu vermitteln.
Anja
_________________ 06.05.2012 Caldera Blanca 12.10.2014 - München Marathon * 12.07.2015 - Challenge Roth * 27.09.2015 - Berlin Marathon * 25.09.2016 - Berlin Marathon * 27. - 30.11.2016 Lanzarote Running Challenge * 10.12.2016 Lanzarote Marathon * 09.07.2017 Challenge Roth
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