Nunspeetse Keiler
„Moritz, in einer Woche Wettkampf, wir brauchen noch einen Mann für's Team!“ „Für was denn?“ „Egal, ja oder nein?“
So ähnlich begann vor 2 Wochen dann der Spass, der letztes Wochenende in Holland seinen Höhepunkt finden sollte. Informationen waren spärlich gesät, „Nimm 'nen Helm mit!“ (aha, irgendwas mit Fahrrädern!
) und „Vergiss die Laufschuhe nicht!“ (Laufen ist immer gut
) war alles, was ich vorher erfuhr... Freitag nachmittag dann Treffen in Köln am Bahnhof, vorher noch mit Fabian einen Kaffee in der Sonne genossen, und ab ging die Post in die Niederlande; wohin genau, wusste ich bis zuletzt auch nicht.
Schlafsack mitnehmen sollten wir nicht, irgendwer hätte dort einen Bungalow, Essen auch vor Ort, was will man mehr?
Angekommen, ausgepackt, Wettkampfbesprechung: Herrliche Sache, eine Stunde den zarten Klängen der niederländischen Sprache lauschen.
Der Moderator hätte genauso gut etwas über die Auswirkungen eines taiwanesischen Leiharbeiteraufstandes auf das Bruttosozialprodukt von Singapur vor 13 Jahren erzählen können, aber egal- es gab ein bisschen Papierkram, wo alles beschrieben war, und mit laienhafter Lautmalerei konnten wir den Zetteln die Aufgaben entlocken.
Es gab also knapp 50 Teams á 5 Personen, von denen jedes in 4 Abschnitten (A,B,C,D) antreten muss; jeder Abschnitt besteht entweder aus 7-9km Laufen oder 18km MTB, davor, dazwischen und danach von kleinen Spielen durchbrochen... jaja. Die Spiele. Von Colakistenklettern über Pyramidenstapel-Denkspiele bis zu Stiefelweitwurf war alles dabei; Aufgaben und Reihenfolge wurde verteilt und gut- mehr konnte man im Vorfeld nicht tun, schliesslich galt ein ganzer Kasten Kölsch seinem Schöpfer vorgeführt zu werden.
Samstag morgen, es geht los:
Vom Start am Marktplatz rennen wir zum Baumstammsägen, 4 Scheiben galt es zu meistern- Felix (der Name, welch Paradoxon) kriegt beim allerersten Spiel einen blutenden Daumen... Schnell schnell losgerannt auf die Laufrunde, knapp über 3.30er Schnitt, aber man will ja Körner sparen für später.
Am See angekommen nach ca 4km geht es ans Stiefelwerfen: Aus der Hüfte muss ein Gummistiefel möglichst weit gen Wasser geworfen werden, dann rennt man um ein Hütchen an der Wasserlinie herum, den ganzen Strand wieder hinauf, holt den Stiefel, gleicher Weg zurück; 3mal das Ganze für jeden. Wirft man zu weit, landet der Stiefel im Wasser, holen und nochmal- wirft man zu nah, muss man den ganzen Strand wieder hochrennen, was in tiefem Sand keine angenehme Sache ist. Direkt nebenan geht’s weiter zum Schwimmen. Da immer 4 Leute zugleich zur Zeitnahme irgendwo ankommen müssen, darf der lauffaulste schonmal vorlaufen. Mit Graus höre ich „Moritz, du schwimmst als letzter!“ Schwimmen? Ich?
Normal habe ich zu Schwimmen dasselbe Verhältnis wie George W Bush zu Friedensverhandlungen im Irak: Das gibt’s irgendwo, ab und an kommt man nicht umhin es zu diskutieren, aber aktive Beteiligung? Nie!
Nun, irgendwie musste ich da durch... ohne jedes Schwimmtraining dieses Jahr 50m zu einer Boje paddeln, wieder zum Strand zurück und das alles mit einem Ball... schlechte Idee. Flugs die Schuhe anziehen und den Rest der Gruppe einholen... gefühlte 20min auf 2km auflaufen, hui, das gab einige Sterne vor den Augen.
Kurz vor Schluss der ersten Runde noch Scouting- man bastle ein gleichschenkliges Dreieck aus 2x4m und 1x3m langen Holzbalken, stelle einen Menschen darauf und gegen das Umfallen an die Spitze 4 Seile für die anderen Teammitglieder.... damit nun wie auf Stelzen vorwärtswackeln, herrliche Geschichte, das Ding ist stabil wie ein Fischkutter im Taifun, aber irgendwie klappte es doch...
15min Füße hochlegen, auf zur nächsten Runde.
Vom Start geht es gegenüber zum Keilerstapeln: Der leichteste wird angebunden, immer hochgezogen und wieder abgelassen von den anderen und stapelt die Buchstaben „K E I L E R“ auf ein Gerüst; weiter zu den Rädern und auf die MTB-Runde. Angenommen, man setzt einen gehirnamputierten Schimpansen auf LSD vor eine Karte der Region und drückt ihm einen Rotstift in die Hand, so hat man eine ungefähre Vorstellung von der Routenplanung durch die bewaldeten Dünen.
Denken wird ausgeschaltet, einzig beherrschend sind die Rufe „RECHTS“, „LINKS“, „SAND“, „WURZELN“ etc... äußerst beliebt auch die Kombination „RECHTS SAND STEINE WURZELN ABFAHRT AAAAAAH“, Führungswechsel.
Hui,18Km können verdammt lang sein, besonders wenn man jegliches Gefühl für Raum und Zeit verliert, zwischendurch hat Peter das Schaltwerk seines Rads zerlegt- Mist, aber glücklicherweise reichen 4 Leute für das nächste Spiel. Einmal eine komplizierte Linie um 4 Bojen herum im Kanadier gepaddelt, wieder jenseits aller Vorstellungskraft den Irrungen des oben genannten Affen durch den Wald folgen und auf den Marktplatz zum Colakistenklettern, das ist einfach.... endlich Füße hochlegen, die Beine brennen (seitdem habe ich einen Heidenrespekt vor jedem Mountainbiker, hollerdiewaldfee... und gut, dass wir geliehene MTBs hatten, die Tour ist mörderisch).
Wieder ein Ründchen Laufen, ohne Spiel davor... das Tempo bewegt sich irgendwo zwischen kollabierender Lunge und zusammenbrechendem Herz-Kreislauf-System, aber letzten Endes kommen wir doch am Schiessstand an; jeder ballert 5mal mit zitternden Händen auf Zielscheiben und weiter geht es mit der Hetzjagd, nächstes Ziel: Fietscrossing. Inkarnierter Wahnsinn auf 2 Rädern, wir treten an gegen 6-8jährige kleine Stöpsel auf ihren Crossrädern, sollte nicht allzu schwer sein... Pustekuchen!
Die Kleinen sind wohl mitunter Titelinhaber bei den Crossmeisterschaften in Holland, und wie die durch den Parcours flitzen... garantiert haben die heute morgen jeder nix ausser Kaffeepulver und Zucker bekommen... mein Selbsterhaltungstrieb wird größtmöglich ignoriert, aber trotzdem will ich nicht schneller treten, Bikecross ist definitiv nicht meins... man man. W
eitergerannt gen Marktplatz, noch „eben schnell“ 10kg-Gewichte durch ein Labyrinth auf eine Gegengewichts- Wippe tragen (Knackpunkt: zu weit aussen gestapelt kippt es um, zu weit innen braucht's zuviele Gewichte) und Ziel... wieder eine Viertelstunde Füße hochlegen, Wasser, Brötchen, abwarten.
Endspurt: Zweite Runde auf dem Rad. Angesichts den bunten Bändern in den Bäumen, denen wir hinterherfahren, wurde dem Schimpansen das LSD weggenommen und durch einen Exstasy-Bremsflüssigkeit-Slivovitz- Cocktail ersetzt.
: Ich mache mir angesichts der durchkommenden Schläge ernsthafte Gedanken über die Federgabel und meine familiäre Zukunftsplanung, am prägendsten ist mir in Erinnerung geblieben „SCHARF LINKS WURZEL SAND“ gefolgt von einem saloppen Lenkerüberschlag seitens Felix'- dieser halbmeterdicke Baumstamm war aber auch schwer zu übersehen.
Halbe Strecke und es geht um Holzstangenwetttragen auf einer Slackline, Balanceakt mit einem Puls von 180- super Idee. Gefühlte 17 Stunden später aufs Rad, Bruchbelastungen von Rahmen und Gabel austesten, aber dann, endlich, Asphalt!
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Endspurt gen Marktplatz, noch 2 Spiele- eine Pyramide aus Blumenkisten verschiedener Größer (war ja klar... Niederlande) muss von einem Feld aufs nächste bewegt werden, ohne dass eine größere Platte auf einer kleineren steht. Zwei bei uns kennen das Spiel, keine 30sek später ist es vorbei; auf zu den Holzbalken, einen Ball durch einen Parcours balancieren. Ich fange an, komme flott da durch und bekomme nur zugerufen „Nochmal Mo!“... okay, die wollen das nochmal sehen, durch und gut... „Nochmal, nochmal!“ Shit, das hat schon angefangen und ich bin so schnell, dass ich es mehrmals machen muss? Okay... die letzten beiden Male klappen auch ganz gut, und wir rennen am Ende zusammen die 100m zum Ziel.... bewusstloses Zusammenbrechen, aber: Endlich vorbei!
Noch zum Bungalow zurückfahren, Duschen und zur Preisverleihung... endlich klärt sich auf, wieso es „Keiler“ heisst, auf dem Marktplatz der Stadt steht irgendwo ein großer Bronzekeiler, und die Gewinner bekommen einen Miniaturguss dessen.... hat ja nicht lang gedauert, bis auch ich Depp das gerafft habe.
Geworden ist es ein 8ter Platz für das Team, stolze Leistung angesichts dieser Umstände... nächstes Jahr wird dann mehr Mountainbike trainiert (oder wir nehmen Drogen, die uns den Lebenswillen nehmen, das steigert die Geschwindigkeit auch), und einer Top5- Platzierung sollte nichts mehr im Wege stehen.
Sollte jemand von euch Lust bekommen haben angesichts dieses Wahnsinns...
http://www.nunspeetsekeiler.nl/Das ist wohl eine Selbstdarstellungsveranstaltung diverser Firmen, der eigene Sponsor übernimmt die 450 € Startgeld, man braucht MTB, Laufschuhe und eine gehörige Portion Wahnwitz... einziger Kritikpunkt wären seitens unserer Truppe die knallgelben Ford-TShirts in Größe L, feinste Baumwolle, ein Hauttragegefühl beim Laufen bzw Radeln, Jute könnte nicht besser sein.
Achja, und abends bei der Preisverleihung gibt es ein Buffet deluxe, alles was das Herz begehrt.
PS: Für ein Trainingslager wäre diese Gegend sehr zu empfehlen. Ein Hallenbad wird es in der Stadt bestimmt geben, die Bungalowunterbringung war allererste Klasse, über Rennradfahren in den Dünen auf asphaltierten Wegen braucht man nicht diskutieren, die MTB-Wege sind wie oben beschrieben (
) und Laufen ist ein wahrer Traum. Am Sonntag nach dem Wettkampf hatte ich noch recht frische Beine und bin Teile der MTB-Strecke abgelaufen.... landschaftliches Nonplusultra, mitten im Wald finden sich mitunter quadratkilometerweite Sanddünengebiete, ansonsten fast schon tropisch-feuchtes Klima... herrlich. Jemand Lust?
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