3:37 ist gar nicht mal so übel, jetzt stapel mal nicht so tief.
Wenn man überlegt, daß beim ersten Frankfurt Marathon 1985 von ca. 7.000 Teilnehmern ca. 1.700 sub 3 ins Ziel gelaufen sind und heute von > 10.000 Startern gerademal 350 Nasen eine sub 3 hinlegen, dann liegst Du deutlich über dem Schnitt.
Also Glückwunsch
Herbert Steffny in der F.A.S vom 30.10.05 hat geschrieben:
"Der Mann mit dem Hammer wartet auf Opfer"
Herbert Steffny warnt: Viele Läufer bereiten sich auf ihre Marathonpremiere schlecht vor
von Daniel schleidt
Frankfurt. Als Herbert Steffny 1985 den Hoechst-Marathon gewann, da war er der erste Deutsche, der diesen Stadtmarathon für sich entschied. Auch heute ist Steffny beim wichtigsten Laufereignis der Region dabei, nicht als Läufer, sondern als Kommentator des Hessischen Rundfunks. Zwanzig Jahre ist es nun her, daß Steffny in 2:12:12 Stunden den Lauf über die Marathondistanz erstmals für sich entschied, 1989 und 1991 ließ er weitere Triumphe folgen. Heute veranstaltet der Diplom-Biologe Lauf- und Fitness-Seminare und ist als Autor und Journalist tätig. In seiner Funktion als persönlicher Laufcoach hat er unter anderen Bundesaußenminister Joschka Fischer zum Marathon geführt.
Zwei Jahrzehnte nach seinem ersten großen Marathonerfolg fällt Steffny beim Blick zurück und beim Vergleich mit der Gegenwart eine deutliche Veränderung auf. Zwar waren 1985 schon 8776 Teilnehmer in Frankfurt am Start gewesen. Heute nehmen nur rund 2000 Läufer mehr am Messeturm den Marathon in Angriff. Doch innerhalb des Läuferfeldes hat sich seitdem ein erheblicher Strukturwandel vollzogen: Masse statt Klasse. Unter 7296 Finishern kamen 1985 in Frankfurt 1735 Läufer unter drei Stunden ins Ziel, also fast jeder vierte. Im vergangenen Jahr durchbrachen von 8299 Finishern nur 394 diese magische Marke - weniger als vier Prozent. "Die Leistungsdichte ist stark zurückgegangen", sagt Herbert Steffny, der mit dem "Großen Laufbuch" zuletzt ein neues Standardwerk für Läuferinnen und Läufer veröffentlicht hat: "Die Spitze wird dünner, der Schwanz wird dicker."
Daß es in Deutschland weniger international konkurrenzfähige Marathonläufer gibt, wird immer wieder diskutiert. Davon unabhängig hat sich eine große Masse herausgebildet, die Marathon als reines Hobby betrachtet und in der Bestzeiten eine untergeordnete Rolle spielen. Natürlich strebt jeder Läufer nach persönlichen Rekorden. Doch während das Läuferfeld 1985 die Distanz noch in einer Durchschnittszeit von rund 3:30 Stunden bewältigte, liegt der Schnitt heute bei 4:10 Stunden. Dazwischen liegt eine kleine Marathonwelt. Die Mehrzahl nationaler Marathonläufer mißt dem Spaßfaktor höhere Bedeutung bei als dem Leistungsgedanken. Nur so ist es zu erklären, daß sich ein Lauf wie der Medoc Marathon in Bordeaux, wo es unterwegs Rotwein und Austern gibt, derart großer Beliebtheit erfreut, daß er inzwischen eine Art Kultstatus erreicht hat. "Für viele scheint das wichtiger zu sein, als einen Marathon nach dem Kriterium einer schnellen Strecke auszusuchen, um die persönliche Bestzeit zu verbessern", so Steffny.
Früher, sagt er, seien die Menschen vor allem in Vereinen und großen Laufgruppen unterwegs gewesen. Das weckte zusätzlichen Ehrgeiz und war der Leistung förderlich. Heute sieht man immer weniger Klubtrikots auf Marathonrennen. Zudem ist der durchschnittliche Marathonläufer älter, läuft auf Eigeninitiative und vor allem aus dem ursprünglichsten Grund überhaupt, Sport zu treiben: der Fitness und Gesundheit wegen. Doch der Schuß kann auch nach hinten losgehen, warnt Steffny. Er stellt fest, daß zunehmend Läufer bei ihrer Marathonpremiere nicht nur schlecht vorbereitet sind, sondern gleichzeitig den ersten Wettkampf ihres Lebens laufen und dabei in ihrer Unerfahrenheit gleich alle Anfängerfehler auf einmal machen. "Das kann beim Marathon, wo der Mann mit dem Hammer gnadenlos auf solche Opfer wartet, ein schmerzvolles und frustrierendes Debakel werden." Besser sei es, sich einige Jahre Zeit zu lassen und vor dem Marathon erst mal Erfahrung über kürzere Distanzen zu sammeln.
Ein weiterer Trend innerhalb des Läuferfeldes stellt die Frauenbewegung dar. In den vergangenen zwanzig Jahren ist ihr Anteil von sieben auf 19 Prozent angewachsen, hat Steffny festgestellt. "Die höhere Zahl der Frauen ist Ausdruck einer sanfteren Laufbewegung", erklärt der 52 Jahre alte Steffny. In reinen Männergruppen sei häufig leistungsorientierter trainiert worden als heute mit weiblicher Beteiligung, "es ist ein anderes Klima entstanden, welches das Spaßelement in den Vordergrund rückt".
Herbert Steffny, zuletzt 2003 deutscher Marathonmeister seiner Altersklasse, findet diese Entwicklung zu höherer Quantität nicht schlecht. Im Gegenteil. Die Aussicht auf eine bessere Gesundheit treibt heute täglich Zigtausende - Steffny schätzt die Zahl der Läuferinnen und Läufer in Deutschland auf rund sechs Millionen - hinaus auf die Straße zum Training. "Wer regelmäßig Sport treibt, der hat kein Altersproblem", sagt er, "weil er mit 60 die Fitness eines Vierzigjährigen hat."
Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 30.10.2005, Nr. 43 / Seite R9