0,7-32-7
Das ist länger als alles andere, was ich bis jetzt gemacht habe. Viel länger. Aber da für nächstes Jahr die erste KD geplant ist, vielleicht ein guter Einstieg.
Ausserdem ist in Köln bestimmt ein guter Zuschauerzuspruch. Mir wurde von Läufern berichtet, denen die Zuschauermassen und die 800 Trommelgruppen auf dem Kölnmarathon bereits etwas zuviel des Guten waren. In meinem Fall jedoch genau das Richtige um mir beim Überwinden dieser unmenschlichen Distanzen zu helfen.
Damit das ganze möglichst stressfrei abläuft, beschliesse ich, schon am Vortag anzureisen. Ich buche ein Zimmer im Station Hostel, wo ich schon mal über Karneval abgestiegen bin. Liegt direkt in der Innenstadt, da kann ich mir noch einen lockeren Samstagabend in Köln machen um dann Sonntags zeitig zum Wettkampf zu fahren, mir die Mitteldistanzler anzuschauen und bei der Triathlonmesse auf Schnäppchenjagd zu gehen.
Leider befindet sich rund um Dom und Hauptbahnhof eine Grossbaustelle. Nachdem ich anderthalb Stunden vergeblich versuche, meine Unterkunft zu finden, fahre ich wieder heim. Ich glaube, die neuen Laufräder streiche ich und investiere erst einmal in ein Navi. Egal, es hätte eh geregnet.
Also neuer Anlauf am nächsten Tag. Gestresst, da es zeitlich natürlich wieder knapp war, aber noch rechtzeitig hole ich meine Unterlagen und checke ein. Pünktlich dazu fägt es an zu regnen. Besonders warm ist es auch nicht gerade. Und windig. Dadurch hält sich der Zuschauerzuspruch verständlicherweise auch in sehr engen Grenzen.
Wenn alles gut läuft, müßte ich die Distanz in 2h15 packen, wenns nicht so dolle läuft, sind auch 2h30 drin, hatte ich mir errechnet. Bei dem Wind heute muss ich mich wohl eher an der unteren Grenze orientieren.
Der Schwimmstart ist ein schlechter Witz. Man muss sich vorsichtig durch im Wasser verteilte Gesteinsbrocken durchtasten um ca. 100m zur Startlinie zu schwimmen und dort minutenlang im Wasser rumzupaddeln, bis es endlich losgeht. Ohne Neo ganz schön bescheidene Aktion. Wenigstens ist genug Platz auf der Schwimmstrecke, und da ich erwartungsgemäß ganz hinten im Feld bin, gibts auch keine Klopperei am Wendepunkt. Am Schwimmausstieg stehen zwei Helfer um bei den ersten Schritten zu assistieren, die sauglatte Treppe muss man allerdings alleine hinauf. Ich hatte mich schon gewundert, warum die Leute da so langsam raufgehen. Keine Ahnung, wieso man da keine Matten hinlegen konnte oder die Treppe einfach mal von dem Algenschlick befreien.
Wie immer habe ich wie im Eifer des Gefechts vergessen beim Schwimmaustieg abzustoppen. Als ich am Rad bin, zeigt die Uhr ein paarundzwanzig Minuten. Alles im Plan. Wenn auf irgendwas Verlass ist, dann auf meine 3 Minuten pro 100 Meter.
Über die Lautprecheranlage höre ich, dass offenbar auch die letzte Schwimmerin aus dem Wasser gekommen ist und nun tatsächlich vom Moderator interviewt wird. Ausschnitt:
"Wie wars?"
"Kalt."
"Warum bist Du dann nicht schneller geschwommen?"
Eine bodenlose Frechheit und Respektlosigkeit. Hat der ein Glück, dass er nicht mich interviewt hat, da hätte ich ein paar warme Worte übrig gehabt. Die junge Dame bittet aber lediglich darum, ihren Wettkampf endlich fortsetzen zu dürfen, was ihr von dem $%§!*# von Moderator grosszügigerweise auch gewährt wird. Nähere Bezeichnungen für den Herrn spare ich mir an dieser Stelle, das könnte sonst strafrechtliche Konseqenzen haben.
Ab auf die Radstrecke. Es regnet ziemlich heftig. Zuerst Seitenwind, dann Gegenwind, nach dem Wendepunkt Rückenwind. Nicht das schlechteste, da wirds auf dem Rückweg wenigstens einfacher. Die Strasse ist etwa zur Hälfte in sehr gutem, die andere Hälfte in ziemlich schlechtem Zustand. Mein heutiger Holger Meier heisst Sandra und ist eigentlich ganz hübsch. Ich weiss nicht, wie oft wir uns gegenseitig überholen. Wird mir langsam richtig peinlich, aber ich kann nix für. Irgendwann entkommt sie dann. Ab der zweiten Runde seh ich überhaupt nichts mehr durch die wasserspritzer auf der Brille. Also weg damit. Ein 30er Schnitt steht immer noch, aber ab Kilometer 28 wirds langsam schwerer. Geht den anderen auch nicht anders, denn auf der zweiten Radrunde überhol ich massig Leute. Darunter auch Sandra Holger Maier, die diesmal keine Chance mehr zum Kontern hat.
Ab auf die Laufstrecke. Ein Posten ruft mir irgendwas mit Ziel und dann rechts zu. Also nach rechts. Ach nee, rechts gehts zum Ziel, ich hätt nach links gemusst. Rumdrehen. Danach ein kurzer, aber sehr heftiger Anstieg, den ich gehe. Hoffentlich bleibt das nicht so. Kilometer 1: 5:48. Das müsste noch besser werden, denke ich. Meine Hüfte ist anderer Meinung und votiert zeitgleich zu dem Gedanken durch heftigen Schmerz dagegen. Aua, wie soll ich so noch 6 Kilometer schaffen. Wenigstens schöne weiche Wege. Trotzdem kein Kilometer unter 6 Minuten, selbst für meine bescheidenen Ansprüche recht mäßige Leistung. Das nennt man dann wohl geplatzt. Am Kilometer 6 Schild ist mir dann alles egal. Ich spür gar nichts mehr und gebe Vollgas. Auf der Zielgraden läuft ca. 200 Meter vor mir einer, den ich locker übersprinte. Und: Ich lächle dabei. Für die Cheerleader habe ich gar keine Augen, nur für meine Uhr. 2 Stunden 14 Minuten 46 Sekunden. Den letzten Kilometer bin ich angeblich in 3:38 gelaufen.
Im Zielbereich sehe ich doch tatsächlich 2 Teilnehmerinnen rauchen. Unglaublich. Ich nutze die Situation aus und schnorr mir eine. Dazu ein schönes Erdinger, leider alkoholfrei, und alle Qualen sind vergessen.
Bis ich ausgecheckt habe und eine Odysse auf der Suche nach Duschen hinter mir, ist die Veranstaltung so gut wie gelaufen. Die Stände werden schon abgebaut, die übliche lustlose Verteilung in Pokalen in 38 Kategorien, der kaum noch Zuschauer (wenn überhaupt) beiwohnen.
Fazit: Mit der Zeit bin ich zufrieden, mit der Plazierung eher nicht (war aber mit zu rechnen, das ist halt schon jenseits von Jedermann). Bei besserem Wetter wäre sicher auch mehr Stimmung gewesen, insgesamt muss ich die Veranstaltung für die weite Anreise aber nicht mehr haben. Sollte ich mir das nochmal überlegen, werde ich bestimmt letzter beim Schwimmen.....
_________________ Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant.
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