Es geschah heute so gegen halb sechs abends, dass ich keine Lust mehr darauf hatte, den ganzen Abend im Büro zu sitzen und statt dessen darüber nachdachte, mal wieder eine Runde draußen zu fahren. Das Wetter war den ganzen Tag schön und die Straßen waren trocken. Der Schnee liegt ja mittlerweile nicht mehr auf, sondern neben der Straße.
Zur Sicherheit nochmal schnell Kachelmann-Wetter gecheckt: keine Niederschläge im Großraum Darmstadt für heute zu erwarten. Perfekt also, um noch eine Runde zu drehen.
Schnell mit dem Rad nach Hause, umgezogen, beim Blick auf das funzelige Rücklicht noch schnell zwei neue Batterien eingepackt und dann raus auf die Straße.
Feine Sache, wenn man um 18:15 wenigstens noch im Hellen losfahren kann.
Die Strecke hatte ich mir vorher schon in groben Zügen ausgedacht, würde so auf ca. 40km hinauslaufen, ein paar Höhenmeter inbegriffen.
Zu meiner Freude muss ich feststellen, dass es sich ganz gut rollt und ich ganz gut unterwegs bin. Nach 'ner halben Stunde mal einen kritischen Blick auf das Rücklicht geworfen und festgestellt, dass das wirklich nur noch ein schwaches Funzellicht ist. Schnell die Batterien getauscht und weiter geradelt.
Erste Gedanken kommen in mir hoch:
"wenn ich den Bogen über Lindenfels fahre, werden's ca. 90km. Dunkel ist dunkel, also egal, aber dafür gibts noch ein paar Winterpokal-Punkte extra. Und so gut wie's rollt...."
Meine Füße sind warm, meine Hände sind warm, warum eigentlich nicht?
Ich rolle so vor mich hin und komme langsam an die entscheidende Abzweigung, als mir erste Schneeflocken ins Gesicht fliegen.
"könnten von den Bäumen kommen"
Bloß da waren gar keine Bäume
Etwa 500m weiter und ich stecke inmitten des schönsten Schneesturmes.
An der Kreuzung also nicht rechts rum zur großen Schleife, sondern links rum Richtung Heimat (die von dort immer noch 25km entfernt war)
Kam der Wind vorher noch von hinten, kommt er jetzt von schräg vorne und macht mir das ganze Ausmaß der Katastrophe erst richtig bewusst.
Dichtester Schneefall und die Straße ist im nu weiß. Von jetzt an kann ich nur noch einhändig fahren, weil ich abwechselnd die Lampe und meine Brille von Schnee befreien muss.
Die Fahrt wird immer mehr zum Blindflug, verschärft durch entgegenkommende Autos, die mich erst recht nichts mehr sehen lassen.
Den Gedanken, mich kurz unterzustellen, verwerfe ich wieder, da ich befürchte, dass ich dann gar nicht mehr nach Hause komme.
Ich schließe gleich wieder ein paar Autofahrer in mein Herz, die beim Überholen so dicht an mir vorbeifahren, dass Mutti auf dem Beifahrersitz genau gucken kann, ob sie den Idioten da im Schnee nicht vielleicht irgendwoher kennen.
Meine große Befürchtung, dass der Schnee liegen bleibt bewahrheitet sich nicht, da ich aus den Höhenlagen des Odenwaldes rauskomme. Die Alternative ist aber auch nicht besser, da ich merke, dass ein stetiges Rinnsal an der Kimme runterläuft. Jetzt also Wasser von oben und von unten
Nach 1:50 bin ich endlich zu Hause, das Schneetreiben hat natürlich kurz vorher aufgehört, statt selbst in die Badewanne zu steigen, habe ich meinem Fahrrad den Vortritt gelassen und ich bestehe darauf, jetzt ein paar Kackpunkte abzukassieren
Ich hasse den meteorologischen Frühling 2006
