keko hat geschrieben:
captainbeefheart hat geschrieben:
...
Der Verlierer bestimmt, wann ein Krieg sein Ende findet. Erst wenn die weiße Fahne geschwenkt wird, ist der Krieg zu Ende. ...
Jetzt wirst du sentimental. Kriege werden aus Interessen geführt. Sie sind zu Ende, wenn es sich nicht mehr lohnt und nicht, wenn jemand eine Fahne schwenkt.
Klaus Eidenschink hat eine recht gute Zusammenfassung der Forschung zur Psychodynamik von Kriegen erstellt:
„Was geschieht mit Staatsführern in Krisen und eskaliertenden Kriegen? Dazu gibt es Forschung. Ich fasse mal aus dem Handbuch „Content Analysis: Handbook With Applications For the Study of International Crisis“ von Robert North und seinen Kollegen aus dem Jahr 1963 die wichtigsten Punkte zusammen:
1. Staatsführer agieren in ihrer Rolle nicht sehr viel anders als in kleinen sozialen Konflikten. Ihr persönliches Konfliktmuster bei Bedrohung wird aktiviert.
2. Durch den entstehenden Stress sinkt die Wahrscheinlichkeit den Stellenwert von Informationen angemessen zu differenzieren.
3. Die Fähigkeit komplexe Zusammenhänge zu ertragen sinkt. Die Toleranz ihm Hinblick auf Mehrdeutigkeiten sinkt.
4. Stereotype Situationseinschätzungen nehmen zu.
5. Das Potential zu funktionaler Krisenbewältigung nimmt deutlich ab.
6. Das Beratungsumfeld wird weniger divers. Alles konzentriert sich mehr und mehr auf den „Führer“. Widerspruch verschwindet.
7. Die Informationsüberlast nimmt zu und wird durch Trivialisierungen im Freund-/Feind-Schema reduziert.
8. Rasche, einsame und machtvolle Reaktionen werden attraktiv, weil sie den bedrohten Selbstwert der Machthaber restabilisieren.
9. Das Interesse an Kommunikation mit dem Gegner sinkt und wird auch auf diplomatischen Kanälen zunehmend ausgedünnt.
10. Das Empfinden für die zur Verfügung stehende Zeit ändert sich: Das Gefühl, dass rasch gehandelt werden muss, nimmt massiv zu.
11. Der Entscheidunghintergrund wird mehr und mehr auf die Gegenwart (Wirkung!) reduziert. Langfristige Überlegungen verschwinden mehr und mehr.
12. Die eigenen Möglichkeiten werden als geringer als die des Gegners angesehen. Das erhöht das Gefühl von Hilflosigkeit.
13. Der Anspruch, dass Verbündete genauso urteilen, wie man selbst, nimmt zu.
14.Die Möglichkeiten, die eigenen Ansichten korrigieren zu können, sinken. Damit wird das Hinterfragen der eigenen Deutungswelt immer unwahrscheinlicher.
15. Die Hilflosigkeit paart sich mit der Erwartung von Führungsstärke aus der Gesellschaft. Dies führt zu Tatendrang und der Überzeugung keine andere Wahl zu haben.“
Knapp 60 Jahre nach Publikation ist genau das aktuell zu beobachten. Krass.