Ein gutes Jahr nach seinem Tod:
Johnny Cash: American V - A hundred Highways
Ich bin, während ich dieses allerletzte Meisterwerk höre, viel zu ergriffen, um eine Bewertung abzugeben und es steht mir auch nicht zu, also möge jeder interessierte selbst danach googlen.
Danke, Johnny.
Danke, Jack Rubin.
Aus der Amazon.de-Redaktion
An den Fragen nach der Legitimität dieses letzten Albums der American Recordings-Reihe kommt man wohl nicht vorbei, doch sind sie letzten Endes peripher. Die Gesangsspuren wurden in den letzten Monaten vor Johnny Cashs Tod im September 2003 aufgenommen, die Arrangements dagegen entstanden erst zwei Jahre später. Zwar hatte der Mann in Schwarz im Produzenten Rick Rubin einen Freund, dem er vertraute, doch konnte er das später Eingespielte eben nicht mehr autorisieren, geschweige denn die Aufnahmen leiten. Die schiere Kraft dieses Albums dürfte aber alle Skeptiker verstummen lassen.
Mike Campbell und Benmont Tench von den Heartbreakers, der Studio-Slideguitarspieler Smokey Hormel (alle drei waren bereits auf früheren Alben von Cash zu hören) sowie die Gitarristen Matt Sweeney und Johnny Polansky erzeugen einen Akustiksound, der zwar würdevoll, aber nur an wenigen Stellen verhalten daherkommt, wenngleich die Dynamik früherer Aufnahmen fehlt. Die Songs strahlen einen tiefen, elegischen Ernst aus; die Musiker spielen überlegt, weder zu wenig noch zu viel. Die Texte sind erwartungsgemäß sehr persönlich und nachdenklich: Das Bewusstsein seiner Sterblichkeit, begangene Fehler, sein Schöpfer, die Rettung durch den Glauben, der Verlust seiner Frau June, das Ende seiner Karriere -- all das mag Cash stark beschäftigt haben, doch in diesen Songs verkörpert er seine persönliche Lebensgeschichte nicht nur, er wächst auch über sie hinaus. Während die Musiker in "God's Gonna Cut You Down" den Takt klatschen und stampfen, durchschneidet Cashs Stimme die Luft wie die Hand des rächenden Gottes, von dem das Lied handelt. In dem neuen Stück "Like the 309", dem letzten, das Cash geschrieben hat, gibt er zu, dass er bereits unter Kurzatmigkeit leidet, und seine Stimme wird zu einer Metapher für das, was uns allen eines Tages bevorsteht. In Gordon Lightfoots "If You Read My Mind" läuft Rubin Gefahr, Cashs bittersüße, schwermütige Phrasierung in einem geschmackvollen Klangteppich zu ersticken, aber die Stimme ist doch unbezähmbar. Manche Töne müssen eine unglaubliche Willensanstrengung gekostet haben. Erstaunlich ist auch, dass Cash Ian Tysons "Four Strong Winds" nie zuvor aufgenommen hatte; der schlichte und direkte Text wirkt wie für ihn geschrieben. Zwei andere Songs dagegen kennt man bereits von Johnny Cash: "I Came to Believe", das von der Entdeckung des Glaubens erzählt, und das abschließende Spiritual "I'm Free from the Chain Gang Now". Besonders Letzteres wirkt endgültig wie ein Vermächtnis. Das Gleiche gilt für Cashs Version von Bruce Springsteens "Further On (Up the Road)": "One sunny morning we'll rise, I know / And I'll meet you further on up the road", heißt es da. Es wäre so schön, John. --Roy Kasten
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