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 Betreff des Beitrags: Le Blanc geht langsam...
BeitragVerfasst: 22 Jul 2005 12:30 
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Das Rennsemmel-Emu
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Registriert: 17 Jan 2005 12:00
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Herr Direktor geht in Rente

Von Christian Gödecke, Albi

Er hat die Tour de France zu dem gemacht, was sie heute ist: ein sportliches Großereignis und ein Großunternehmen. Manche sagen sogar, Jean-Marie Leblanc sei die Tour. Nach 26 Jahren, vielen Erfolgen und wenigen Skandalen verabschiedet sich der ehemalige Journalist in den Vorruhestand. Der Zeitpunkt ist gut gewählt.

Direktor Leblanc: Pathos und ökonomisches Geschick
An seinem schwärzesten Tag schien die Sonne. Es war Juli, und Jean-Marie Leblanc trug ein blaues Hemd und eine Krawatte. Der Tour-Direktor stand auf dem Asphalt, Telekom-Mann Bjarne Riis hatte seinen Arm auf die breite Schulter Leblancs gelegt. Eigentlich war es ein schöner Tag. Doch vor dem mächtigsten Mann des Radsports saßen Rennfahrer auf dem Boden, die eigentlich ein Rennen fahren sollten. Und Leblanc schaute entgeistert.

"Der Radsport war tief gefallen, in die Maßlosigkeit und in den Betrug", sagt er heute, sieben Jahre nach dem Doping-Skandal um die Festina-Mannschaft. Das Team um Richard Virenque und Laurent Dufaux wurde suspendiert - auch die Tour hat 1998 kurz vor dem Aus gestanden. Fahrer der anderen Mannschaften, die unter teils unwürdigen Umständen durch die Polizei verhört worden waren, traten in den Streik.

Im Ziel in Paris kamen damals nicht mal 100 Fahrer an, doch dass auf den Champs Elysées überhaupt gefahren wurde, lag wohl vor allem an Leblanc. Er hatte zwar die Autorität der ermittelnden Behörden immer geachtet, aber auch insistiert, dass die Würde der Sportler gewahrt bleibe. Dass sich die Profis wieder aufs Rad setzten, war auch eine Verbeugung vor dem großen Mann der Tour.

Wenn die Grande Boucle am Sonntag zu Ende geht, werden sie sich wieder vor ihm verneigen. Nach 26 Jahren an der Spitze des Unternehmens Tour de France, das mittlerweile im Jahr 15 Millionen Euro Gewinn macht, in 170 Länder der Welt übertragen wird und eines der größten Sportereignisse auf dem Globus geworden ist, zieht sich der "Patron" wieder ein bisschen mehr zurück; er nennt das "auf Distanz gehen zum Herzen der Tour". Ende 2006 wird er das Zepter endgültig an einen Jüngeren weitergeben: Christian Prudhomme heißt dieser Nachfolger und ist 16 Jahre jünger als der 60-Jährige. Leblanc wird dann nur noch Berater sein.

Streik bei der Tour 1998: "Der Radsport war tief gefallen"
Es wird dann wohl ein bisschen weniger geredet werden, und auch das Pathos könnte vorerst verschwinden. Beides gehört zu dem stiernackigen Mann aus dem Norden Frankreichs nämlich genauso wie sein ökonomisches Geschick. Strecken-Präsentationen wurden zu einer One-Man-Show umfunktioniert, und wenn Leblanc von der Tour und ihrer Bedeutung spricht, dann darf es immer gern ein bisschen mehr sein. Die Rundfahrt sei ein Monument, das auch seine Sieger groß mache, sagt er zum Beispiel. Und: "Die Tour macht die Champions, nicht umgekehrt."

Es passt daher ganz gut ins Bild, dass der, den die Tour zum Größten gemacht hat, sich gleichzeitig verabschiedet: Lance Armstrong. Leblanc wird nachgesagt, dass er ihn nicht recht mochte, den Amerikaner. Der hat die Spannung vertrieben aus dem Rennen, und auch wenn er den Superstar als großen Champion schätzt - der Direktor hält das Jahr 2003 immer noch für das schönste. Damals wurde die Rundfahrt 100 Jahre alt, "und Jan Ullrich brachte Armstrong zum Wanken", sagt Leblanc, der selbst zweimal als Profi an der Tour teilnahm, 1969 und 1970.

Seit 1989 hat er das Rennen von seinem mobilen Thron aus verfolgt, einem markanten roten Auto, das immer die Nummer eins trägt und hinter denen herfährt, die an der Spitze des Feldes um den Sieg kämpfen. Er hat Miguel Indurain gesehen und Bernard Hinault, letzterer ist heute der Mann für die Ehrungen nach jeder Etappe. Und er hat auch viele Duelle von Ullrich gegen Armstrong erlebt. Jean-Marie Leblanc ist fast auf jedem Siegerfoto zu sehen, der Mann im roten Auto und blauen Hemd, aufgestützt auf dem Dach.

Wenn er einmal lange fort sei von der Tour, würden seine Kritiker von ihm behaupten, er habe das Problem mit dem Doping nicht in den Griff bekommen, sagt Leblanc. "Das macht mich sehr zornig." Dabei hat er beim Weltverband UCI immer ein hartes Vorgehen gegen Dopingsünder gefordert, wurde aber häufig überstimmt. Den Italiener Dario Frigo, einen Wiederholungstäter, bei dessen Frau man während dieser Tour verbotene Substanzen fand und der derzeit gegen Zahlung einer Kaution wieder auf freiem Fuß ist, nannte er eine Schande für den Sport. "Leute wie Frigo haben nichts begriffen", so Leblanc.

Er freut sich, dass alle Teams der neuen Protour vor der Saison einen Ethik-Code unterschrieben haben. Jean-Marie Leblanc ist ein Kämpfer gegen die medizinische Leistungssteigerung - seit 1998, wohlgemerkt. Vorher, so sagt man, habe er auch mal erklärt, den Toursieg könne man nicht mit Mineralwasser allein schaffen.

Unbestritten sind jedoch seine finanziellen Erfolge und sein Verdienst, die Frankreich-Rundfahrt wieder positiv in die Schlagzeilen gebracht zu haben. "Die Tour ist eine schöne Maschine, gut geölt. Sie ist im Gedächtnis der Leute verankert, und zwar nicht nur in Frankreich", sagt Prudhomme, der neue Leblanc. Auch er ist Journalist, wie es seine berühmten Vorgänger Henri Desgrange, Jacques Goddet oder eben Jean-Marie Leblanc waren.

Doch diese Drei schrieben für "L'Auto" und ihren Nachfolger "L'Equipe", die das Großereignis ausrichtet. Prudhomme dagegen wird der erste Fernsehjournalist sein, der die Geschicke der Tour leitet. Er hat früher für France 2 über Fußball und Radsport berichtet, bis ihn 2004 der Ruf Leblancs ereilte. In ein paar Monaten wird er endgültig im Rampenlicht stehen, wenn er den Streckenplan für 2006 präsentiert und nicht Leblanc. Derzeit sitzt Prudhomme immerhin schon im roten Fahrzeug mit der Nummer eins. Der Patron fährt neuerdings hinter dem Peloton.

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