Zelt, Schlafsack, Kocher, Verpflegung für zwei Tage, Regenjacke und -hose, warme Wechselbekleidung und noch vieles mehr. Die Pflichtausrüstung für den "Original Mountain Marathon" klingt kompliziert. Dafür sind die Regeln ganz einfach: Du hast fünf Stunden Zeit und musst so viele Kontrollstationen wie möglich anlaufen
Die Wurzeln dieses Zwei-Tage-Laufes liegen in England. 1968 wurde dort der "Karrimor Mountain Marathon" zum ersten Mal ausgetragen. Seit dem hat sich, bis auf den Name, nicht viel geändert: Ein Selbstversorger-Lauf für Zweier-Teams über zwei Tage, alles was man für die nächsten 36 Stunden braucht muss man selbst mitnehmen. Unterwegs wartet auf die Teilnehmer eine Mischung aus Trailrunning und Orientierungslauf.
Seit ein paar Jahren gibt es mit dem "OMM Alps" einen Ableger, der von uns aus etwas einfacher zu erreichen ist. In diesem Jahr fand der Wettkampf am Achensee statt. Um dem Corona-Blues zu entkommen haben wir uns spontan zwei Tage vor dem Termin noch angemeldet. Statt mit optimierter Ausrüstung an den Start zu gehen mussten wir deshalb mitnehmen, was wir eh zuhause hatten. So standen wir mit 12kg-Rucksäcken an der Startlinie. Unser neidischer Blick galt den anderen Teilnehmern, die mit halb so großen (und vermutlich halb so schweren) Rucksäcken unterwegs waren.
Die abzulaufende Strecke ist bis zum Start unbekannt. Erst beim Startschuss bekommt man die Karte mit den eingezeichneten Kontrollstellen. Dann gilt es, blitzschnell zu planen. Wie viele der Standorte, Posten genannt, können wir in den fünf Stunden anlaufen? Und welche? Jeder Posten gibt eine bestimmte Anzahl von Punkten, bei Zeitüberschreitung gibt es Punktabzug. Neben Laufen und Orientieren ist das Ganze also auch noch ein Strategiespiel.
Manche Teilnehmer versuchen, im Laufschritt alle Posten anzulaufen. Wir haben uns aufgrund von Knieproblemen und der suboptimalen Ausrüstung entschieden, auf's Laufen zu verzichten und eher Speed-Hiking zu machen. Während wir auf dem Weg zur ersten Kontrollstelle sind, wird im Gehen die Grobplanung vorgenommen: Die Reihenfolge der ersten vier Posten ist ziemlich offensichtlich, ein etwas abseits liegenden Posten wird aus Zeitgründen gleich von der Route gestrichen. Gleichzeitig planen wir vom Ziel her die letzten drei Posten und schätzen für diese Strecke eine Zeit von circa 90 Minuten. Wie viele Posten wir dazischen noch schaffen, werden wir erst im Laufe des Rennens entscheiden. Während wir auf der Karte bereits in die Ferne schweifen, dürfen wir natürlich nicht vergessen, gleichzeitig den aktuellen Standort nicht aus den Augen zu verlieren. Zu schnell ist beim Kartenstudium eine Abzweigung verpasst. Bis zum zweiten Posten, zu dem wir über eine Skipiste abgekürzt haben, sind es bereits 250 Höhenmeter, das Gepäck macht sich bemerkbar. Zum vierten Posten dürfen wir dafür in einer weglosen Rinne absteigen. Auch hier schiebt der Rucksack ordentlich Richtung Tal. Unten angekommen gibt es erstmal das halbe Käsebrötchen, das beim Frühstück übriggeblieben ist. Energieriegel werden wir noch früh genug satt haben. Zum nächsten Posten gilt es, ein tiefes Tal zu queren, fast schon eine Klamm. Was bei einer Wanderung im Urlaub als "wildromantisch" gelten würde nervt hier einfach nur. Für einen direkten Abstieg sind die Wände zu steil, auf der Forststrasse sind es 1,5 Kilometer, nur um ein paar Höhenmeter tiefer wieder fast an der gleiche Stelle zu stehen. Unser fünfter und sechster Posten ist etwas weiter vom Weg entfernt. Die Orientierungsläufer sind hier im Vorteil und so können wir durch präzise Navigation wenigstens etwas Zeit auf die Trailrunner gutmachen. Da wir nun bereits schon gut zwei Stunden unterwegs sind, wird es Zeit, den Weg Richung Ziel einzuschlagen. Vier Kontrollstellen haben wir uns auf dem Weg dorthin noch vorgenommen. Leider liegt eine davon in einem schwierigeren Terrain als angenommen, so dass wir wertvolle Zeit verlieren. Nachdem wir den Plan um einen weiteren Posten reduziert hatten liefen wir gut zehn Minuten vor dem Zeitlimit am Etappenziel ein.
Das Camp für die Nacht befand sich am Rand einer schönen Bergwiese und wir fanden noch einen halbwegs ebenen Platz für unser Zelt. Aus Tütenessen und heißem Wasser wird so etwas wie Risotto, aber wir sind hungrig genug damit es trotzdem lecker schmeckt. Dank des guten und warmen Wetters können wir noch lange draußen sitzen bevor wir uns ins Zelt und unsere Schlafsäcke zurückziehen.
Auf eine Luftmatratze hatten wir verzichtet, aber auch auf unseren Alu-Matten hatten wir eine einigermaßen erholsame Nacht. Nach Frühstück (wieder Tüte und heißes Wasser) und Zelt einpacken ging es auch schon los zur zweiten Etappe. Auch hier gab es die Karte wieder erst am Start, auch hier musste schnell ein Konzept für die Route gefunden werden. Für die lange Option hieß es ins Tal abzusteigen und dann 1300 Höhenmeter zum Guffert zu erklimmen um dann wieder zum Ziel in Steinberg abzusteigen. Da diese Route elf teils hoch bewertete Posten versprach gingen wir das Risiko ein und ließen dafür zwei Kontrollstellen mit niedriger Punktzahl in der Nähe des Starts weg. Also erstmal runter ins Tal, dann kam der lange Anstieg. ZUerst auf einem Waldpfad, dann nach Kompass quer durch den Wald. Nach zwei Kontrollstellen durften wir wenigstens wieder einem Weg folgen. Leider musstren wir feststellen, dass es an diesem Tag bergauf nicht so gut läuft, und so pulverisierte sich auch der Plan mit der Guffert-Besteigung. Dies war innerhalb des Zeitlimits, das heute vier Stunden betrug, nicht mehr möglich. Leider ließen sich die verbleibenden Posten nicht mehr sinnvoll miteinander verbinden, so dass wir zwar eine halbe Stunde vor dem Zeitlimit das Ziel erreichten, aber einige Punkte unterwegs liegen lassen mussten.
Erschöpft, müde und auch etwas entäuscht gab's erst mal einen Teller Gulasch und ein Weißbier. Später stellte sich heraus, dass auch die anderen Teams mit der Routenwahl zu kämpfen hatten und so durften wir uns am Ende über einen Altersklassen-bereinigten 9. Platz von 15 teilnehmenden Teams freuen. Mit unserer verbesserungsfähigen Ausrüstung und nur im Wanderschritt dürfen wir damit am Ende sehr zufrieden sein.
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_________________ Wennst was machst, mach's gern. Machen mußt 'es eh! (Dem Fritz Engelhardt seine Mutter)
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