Doppelpost:
Soweit die Träume tragen
Unter diesem Motto wagte ich mich an meine dritte Langdistanz in 7 Wochen, nur 2 nach Roth.
Traute ich meinem Körper anfangs rein sportlich noch eine 50:50 Chance zu, befürchtete ich, dass mir das ganze Umfeld zu viel wird. Zudem ließ meine Zuversicht angesichts der Prognosen und dem ganzen Umfeld ab Freitag extrem nach.
Am Samstag. Es ist heiß, in der Unterkunft wird es auch nicht kühler, nichts für meine MS und die Laune

. Die Vorhersage schwankt zwischen Gewitter beim Schwimmen, Gewitter beim Rad, Regen beim Schwimmen, Regen beim Rad, Sonne und oder Gewitter beim Laufen, Neo erlaubt oder doch verboten, wird knapp.
Ich kenne mich in Zürich nicht aus, unliebsame Überraschnungen mag ich mittlerweile gar nicht mehr.
@Flylive, der Triathlon@home wäre für mich wesentlich wahrscheinlicher und leichter. Nur müsste ich dafür die 180 Rad-Km auf 140 MTB umrechen.
Die Dämonen plagen mich arg. Was wäre wenn? Unvernünftig, zu riskant? Kann ich noch abfahren?
Erstmals meine ich zu Herzblatt und K2, dass sie damit rechnen müssen, dass ich früher aufhöre. Am liebsten hätte ich es sein lassen, nur noch 1% Zuversicht.
Nach einer noch schlafloseren, grüblerischen Nacht als sonst stehe ich um 3.30 Uhr auf, frühstücke 2 Amerikaner, richte meine Sachen.
In der Wettkampfzone ist es noch dunkel, ich suche mein Rad, irgendwann finde ich es umgehängt. Es fängt an zu regnen, immer stärker, Neo sollte wohl erlaubt sein.
Versuche mich zu orientieren, Abläufe zu finden, tags zuvor war noch Kurzdistanzwettkampf mit entsprechenden Massen.
Wo gibt es die Special Needs Beutel?
Draußen im Infozelt. Diese öffnet aber erst um 6 Uhr. Also noch aufs Dixi, gewartet, Beutel erhalten und für die Radstrecke abgegeben.
Schwimmen findet statt. Ich laufe mit anderen ca. 1 km zum Start, gebe zwischendurch den Afterrace Beutel mit den nassen Sachen ab, schwimme mich kurz ein.
Rolling Start, immer 8 auf einmal. Ich starte links bei dem 1.20 Std. Block.
Es läuft weitgehend ok. Hier hatte ich auch die wenigsten Bedenken. 4 km sind für mich normales Training, passt.
Die Orientierung ist mitunter nicht so einfach, ich halte mich mehr außen, einzelne Klapse sind hinnehmbar.
Der Himmel verdunkelt sich, der Wellengang nimmt deutlich zu. Ich schaue, ob es jetzt schon blitzt. Gewitter war um 9 Uhr angesagt. Abbruch? Ist so nicht mehr möglich, aber wohl auch nicht nötig, es regnet nur sehr stark und nässer als nass geht nicht

. Also weiter und raus aus dem Wasser. Zeit kenne ich nicht (später erfahren 1.22 Std.), gefühlt aber ok.
Ich wechsle vollkommen gemütlich, schlüpfe in die nächsten nassen Sachen und schiebe das Rad zum Start.
Rad, meine größte Angst.
Mancher mag darüber schmunzeln, aber heute ist mein Hauptziel das Radeln irgendwann aber einfach nur gesund zu überstehen. DNF ok, Unfall nein.
Der Regen lässt nach, die Fahrbahn ist aber nass. Die Strecke in Zürich um den See herum leicht holprig, wenn auch bei weitem nicht so schlimm wie früher die Hanauer Landstrasse.
Keine 5 Minuten später kippt der erste um. Ebeso krass, wei schnell er aber wieder auf dem Rad saß, wie in einer eingeübten Bewegung. Ich hatte ihn noch nicht einmal erreicht.
Das war aber erst der Anfang. Noch nie sah ich soviele mit Pannen oder Unfällen

.
Ich fahre noch vorsichtiger als geplant. Aerohaltung für mich heute tabu, obwohl es sicherlich möglich gewesen wäre. Nicht aber bei meinen Nervenkostüm.
Zürich baut, Umleitung, ein kurzer, aber richtig giftiger Anstieg, winklige Abfahrt durch den Ort, unten flach weiter. Bei km 30 geht es in die Hügel, immer wieder auf und ab.
Später the Beast, lang, steil, für mich noch gut machbar, meine Zeiten verliere ich vorallem in den Abfahrten.
Bei km 65 klappt die Aufnahme meiner zweiten Radflasche mit Pampe, finde freies Dixi.
Jetzt kommt für mich der heikelste Abschnitt, die steile Abahrt nach Küßnacht.
Ich bremse, mehr als gefühlte 50-60 km will ich nicht zulassen, zumal ich die Strecke nicht kenne und immer wieder enge Kurven kommen.
Ausgerechnet bei der rasantesten Abschnitt springt ein aufgeschrecktes Reh keinen Meter von mir entfernt über die Fahrbahn . Sekundenbruchteile schneller und es hätte Reh- und FMMTgeschnetzeltes gegeben .
Das wäre richtig übel geworden.
Da hatte mein Schutzengel wohl ganze Arbeit geleistet
Die Beine selber sind kein Problem, Heartbreak-Hill klappt.
Weiter auf Runde 2.
Es wird einsam, der Hintern muckt immer mehr, die Arme von der Haltearbeit, es wird jetzt heiß, in der Sonne richtig brennend.
Fast hätte ich mir noch einmal Regen gewünscht , aber die trockene, sichere Fahrbahn ist mir doch lieber. Da die Guten alle schon weg sind, immerhin wurde ich nicht überrundet, kann ich bergauf sogar öfters überholen, andere leiden mehr, manche schieben an den steilen Abschnitten.
Bei den Abfahrten bin ich vollkommen peinbefreit, ich bremse ohne Ende, achte nur darauf weit genug rechts niemanden im Weg zu sein.
In Zürich sehe ich wieder Herzblatt und K2, letzte Schleife zurück, im Ziel, Zeit absolut unterirdische SUB 9 gerade noch geschafft, aber ich bin immer noch im Rennen
Ich wechsle gemütlich von den nassen Rad- in die nassen Laufsocken .
Jetzt nur noch einen Marathon

.
Je nach Sichtweise im Training schon des öfteren machbar, aber genauso schon am Limit gewesen wie in Limmer als mein Kreislauf arg arg muckte.
Ich trabe, jetzt will ich ins Ziel. Der Raddämon ist verscheucht. Heute ist doch ein guter Tag, um später davon Geschichten zu erzählen.
Ich wässere mich bei jeder Gelegenheit, die Blasen an den Füßen sind vollkommen zweitrangig, deswegen kippe ich nicht um.
Die Energieversorgung ist kritisch. im Vorfeld hatte ich relativ wenig an das Laufen gedacht, das war mir zu weit weg. Lediglich einmal testete ich ein Enervit Gel. Der Magen rebellierte nicht, also nehme ich alle 5 km ein Gel, trinke etwas Wasser nach, was mir eher schwerfällt, Mundausspüllen und Kühlen klappt dafür gut, Runde 1 knapp unter einem 7er Schnitt durchgetrabt, mein Überlebenstempo im Fettstoffwechsel im Taubertal-Training.
Noch 10 km traben, dann könnte ich den Rest gehen, ohne das Zeitlimit zu gefährden.
Herzblatt und K2 feuern permanent an .
Die Laufstrecke und die Stimmung gefallen mir sehr gut, es zieht sich nur endlos lange.
Runde drei, ich trabe immer noch, km 25 geschafft, die Versuchung zu gehen steigt.
Am sonnigsten Streckenabschnitt, einem Wendepunkt auf Schotter ohne Schatten verpasse ich mein Gel und wässere zu wenig, es wird hart.
Da sehe ich Soloagua, werde toll angefeuert

, freue mich, tanke neue Energie, schnaufe wieder energischer, halte durch bis zur nächsten Dusche und Zuckerquelle, passt wieder.
Letzte Runde, Abschied nehmen von den tollen Betreuern, jetzt überhole ich nur noch, das baut zusätzlich auf, Schnitt hält immer noch, das Ziel lockt.
Ich kann es tatsächlich schaffen!
Anything is possible.
Im Ziel werde ich mit "Matthias, you are an Ironman" begrüßt, geschafft
Mit 13.44 Std. meine langsamste Zeit ever(Laufen 4.50 Std, ok), aber unglaublich zufrieden den Dämonen doch getrotzt zu haben. Das war meine 15 Langdistanz, davon 10 mit MS.
Allen vielen Dank für die tollen Aufmunterungen . Sie helfen mir sehr

.