Doppelpost:
Kleinlaut
Als ich am Samstag mein Rad abgab, fühlte ich mich so klein und so irre größenwahnsinnig. Da will einer mit den Erwachsenen spielen
Es war so erdrückend heiß, meine MS verträgt die Hitze gar nicht. Erinnerungen an meine mental noch nicht ganz akzeptierte Kreislaufschwäche vor 5 Wochen in Limmer kommen hoch, deutlich verstärkt durch die leidvollen Erfahrungen von Sarah True, die in Frankfurt 900m vor dem Ziel vollkommen zusammenbrach.
Beim Schieben über die Brücke muss ich beide Hände nehmen, um das Rad in der Spur zu halten, so böig bläst der Wind.
Dass die Mehrzahl der Teilnehmer jünger aussieht, ok, bin ich gewöhnt, trainiert hab ich mit viel Spaß trotzdem gut, aber mein SUB 8 Ziel (dann auf der Laufstrecke zu sein

) wird schon durch die Starteinteilung gefährdet. Da die Profis ohne Neo schwimmen, verschiebt sich der Start der Sportler mit Beieinträchtigungen von 6.30 auf 6.45 zu den echten SUB 9er Kandidaten.
Nicht schlimm, die sind ratzfatz weg, aber jeweils 5 Minuten Abstand zu den nächsten 210 hochmotivierten Schnellen sind zu wenig und machen mir doch etwas Bedenken zu oft überschwommen zu werden.
Mir fehlt die innere Einstellung, für welches Ziel? Ich muss mich sammeln, genieße die Ruhe bei unserer lieben Gastgeberfamilie, bei der wir seit 7 Jahren liebvoll betreut werden.
Gegen Abend spaziere ich durch die ruhigen Teile von Eckersmühlen. Ein Teil von mir ist die letzten Tage, wie üblich, meganervös, aufgrund eines Schnupfens, Ausrutschers oder anderem nicht teilnehmen zu können

.Ein anderer Teil von mir befürchtet gerade, dass ich teilnehme
Die Erfahrungen, was alles kommen kann sind noch zu frisch und vielfältig. Und es kommt immer irgendwas!
Heimfahren wäre aber auch doof.
Ich nehme mir vor, den kommenden Tag als eine längere Trainingseinheit unter Freunden zu betrachten. Sport mit Spaß, ohne jeglichen Zeitdruck, einfach schauen, wie weit ich komme

.
DNF ist keine Option. Ich will wieder zu gesund und munter zu meinem Herzblatt.
Den zufällig dabei stattfindenden Wettkampf wie im Training notfalls früher abzubrechen, ist diesmal aber definitiv eine Option.
Das eigentliche Ziel ist Herzblatt mit meiner Familie Nur hier ist DNF keine Option.
Sonntagfrüh, ich bin bei den ersten, profitiere immer noch von dem Tip von FlyLive , lieber früher aufzustehen und sich in Ruhe vorzubereiten als sich nervös im Bett hin und her zu wälzen.
Es ist noch dunkel, ganz leise sanfte Musik, alles ruhig, ein sanftes Erwecken.
Am Rad staune ich, das erste Mal in 10 Jahren, dass es über Nacht trocken blieb. Sonst ist es über den Tau sehr feucht. Handtuch umsonst mitgenommen. Ich stehe diesmal knapp hinter den Profis. Super, dann muss ich später nicht groß suchen. Alle anderen in meinem Bereich dürften weg sein
Nirgendwo ist die WC Situation so entspannt wie in der T1 in Roth. Freie Auswahl, unbenutzt um diese Uhrzeit.
Das Aufbringen der Tatoos habe ich mittlerweile auch als Ü50 kapiert, die Startnummer Rad ist hochkant mit durchsichtigen Klebeband befestigt. Da hatten wir früher mit Kabelbindern rumhantiert, immer mit den irrsinnigen Gedanken, es könnte sich später verschieben und etwas aufreiben.
Einzig die vorgeprägten Startnummernlöcher passen in Roth nie, oder wir Ü50 kapieren es einfach nicht. In Limmer passte es perfekt.
Als ich mich gemütlich hinsetzen will, fängt es an zu regnen, immer stärker. So viel zu dem trockenen Rad
Wichtiger ist mit aber, das heute zum Glück angenehm kühle Temperaturen herrschen
Es wird heller, die Musik lauter und aufmunternder. Langsam komme auch ich in Stimmung für einen neuen Augenblick des ich kann und ich darf.
Ich treffe Godi beim Schwimmstart, freue mich sehr

, wir unterhalten und helfen uns kurz, gehen dann zum Schwimmstart. Das Training kann beginnen.
Im Wasser wartend friere ich tatsächlich trotz Neo etwas, reihe mich links als Letzter ein.
Startschuss, vorne fast alle rasend schnell weg. Ich habe mir vorgenommen, bewusst nicht die Ideallinie zu schwimmen(die ich wohl als der eine unter tausend in Roth eh nie treffe

), um den nachfolgenden 800-1000 Platz zu machen.
Gefühlt zieht es sich ewig, die Intensität wärmt jetzt auch. Bald ist die nächste Startgruppe schon an mir vorbei.
Zum Glück gibt es in Roth nur noch einheitlich grüne Badekappen. Farbige wie früher wäre zu peinlich

.
In weitem Kreis schwimme ich um die Boje, jetzt haarscharf am Ufer entlang, muss aufpassen, das ich mir die Arme am Boden nicht aufscheuere, wohl Podersdorf-Feeling.
Dicht neben mir kraulen immer wieder viele vorbei, aber ohne nenneswerte Kontakte.
Die Brücke nähert sich, Stimmung am Kochen, ich fühle mich muskulär gut, rechne trotzdem aufgrund der vielen Umwegen mit einer langen Zeit, bedanke mich beim Ausstieg bei den Helfern, sehe Herzblatt, Schwimmen geschafft .
Bei der Nummer 81 bleibe ich kurz stehen, weg! Uups, was jetzt?
Ähm, peinlich, 181! Weiter. Ja, diese ist noch da. Die Nummer daneben sogar auch .
Ins Zelt. Ü50 Drama, voll, Hektik, freier Platz, freundliche Hilfe, das Kurzarm Shirt will nicht, verweigert sich, blockiert. Nochmals ausgezogen, erst Schuhe und Socken an, Brille auf, neuer Versuch beim Trikot, verrenkt wie McNammee, ran gezupft, Kurfingerhandschuhe in die Hand, zum Rad. Helm auf, Startnummer um, nicht einmal das letzte Rad in meiner Reihe.
Zur Startlinie, mich gefreut über lautstarke Matthias-Anfeuerungen, langsam eingeklickt und los. Wechsel überstanden
Es ist frisch, aber das ist mir recht, FMMT Wetter. Leider merke ich viel zu früh, dass es auch heute zu böig für meine eingeschränkten Reflexe ist. Wenn ich allein auf der Strecke genügend Schwankungsbreite hätte, machbar, wenn allerdings mitunter in einem Abstand überholt wird, der eher für den Austausch von Zärtlichkeiten taugt

, ist es mir zu heikel. Also heute komplett Oberlenker. Die Kurven fahre ich auch bewusst ohne Schwankungstoleranz langsam an, die in Roth eigentlich harmlosen Abfahrten ebenso.
Dummerweise fällt mir unter solchen Bedingungen mittlerweile auch das einhändige Trinken schwer, sicherheitshalber stoppe ich lieber wie auf dem Solarer Berg bei Herzblatt und Innez tausche die Flasche, trinke und warte bis ich wieder auf die Strecke kann.
Undenkbar unter Wettkampfbedingungen, aber heute ist Training .
Später treffe ich mehrmals Godi, freue mich, dass er so gut drauf ist und auf der zweiten Runde nach dem Seligstädter Berg ist er auch uneinholbar weg, klasse Leistung.
Ich nehme mir vor im nächsten Winter etwas mehr Bunte Socke Übungen zu integrieren, ich fühle den Tizeps vom Aufstützen fast mehr als die Beine , später meldet sich noch der Hintern, die Energieversorgung holpert.
Irgendwann ist das Ende absehbar, Radtraining beendet.
Ich versuche auf dem Weg ins Zelt die Kurzfingerhandschuhe auszuziehen, funktioniert nur links und sehr schwer.
Eine freundliche Helferin sieht meine Probleme, blickt auf meine rechte Hand, klappt den Klettverschluss auf und so lässt er sich tatsächlich einfacher ausziehen
Ich nehme Kappe und Uhr auf, sehe, dass ich die SUB 8 in 7.53 doch gerade so gepackt habe.
ch laufe los, der Schnitt pendelt anfangs sich knapp über 6 min/km ein. Ab jetzt setze ich auf Gel und Wasser, was mich immer so ca. 30 Sekunden kostet. Ich halte nach Godi Ausschau, sehe ihn aber nicht nicht .
Herzblatt reicht mir kühlen stillen Sprudel, hilft. Ich hatte eher wenig Energie aufgenommen und doch zu konzentriert.
Aus Limmer habe ich noch eine Rechnung vom Laufen offen, ganz so arg abreißen lassen will ich hier nicht.
Ich freue mich bei den UNICEF Schilder über 3 mit meiner Nummer, schmunzele besonders über ein anderes mit dem Spruch: "Das Elend hat viele Gesichter. Deins gefällt uns besonders gut".
Konzentriert zurückhaltend weiter, Wende in Heuberg, jetzt durchgängig starker Gegenwind, mitunter überhole ich sogar, auch wenn weiterhin die Mehrzahl an mir vorbeiläuft. Aber das wusste ich vorher schon und blende es vollkommen aus. Im Training ist es mir auch vollkommen egal und wenn ein weißhaariger Opa an mir vorbei fährt.
Erste 10km in 1.03 Std., zweite 10 in 1.05 Std.
Auf dem Rückweg sehe ich endlich Godi, freue mich, bin mir sicher, dass er als vorbildlicher Kämper jetzt auch ins Ziel kommt

.
Ich nehme mir Laufen bis km 25 vor, der Rest wird Zugabe.
Nochmals von Innez aufgemuntert, hat mir Herzblatt an der Lände tatsächlich noch einmal kühlen Sprudel besorgt, Wahnsinn, wo sie den herzauberte

.
Die Stimmung in der Stadt ist zu toll, um zu gehen, weiter, Hardtseemafia-Treff, Anfeuerungen durch Frank Horras, eine liebevolle Umarmung durch Klappergestell, alles neue Energie, die ich brauche, weil die Nahrungsaufnahme an sich holpert immer ärger. Dritter 10er in 1.06 Std.
An der Bergwertung nach Büchenbach merke ich meinen Kreislauf stärker, noch kein echter Alarm, aber zumindest das kann schneller gehen als gewünscht.
Ich will meine Notfall-Chips nehmen, abgesoffen und verklebt, nicht mehr zu gebrauchen

.
Warum auch immer, ich kann kein Wasser trinken ohne zu würgen, die Pampe im Magen ist aber auch noch nicht so recht verdaut und insgesamt zu wenig

.
Diesmal gehe ich an den steilen Anstiegen, trabe oben weiter, bin jetzt skeptisch, soll ich anfangen zu gehen? An der Seeschleife werde ich besonders emotional angefeuert, wache auf, bedanke mich winkend ohne mich umzudrehen(später stellte sich heraus, dass es Herzblatt war, die erstmals den Shuttle nach Büchenbach nahm).
Ich nehme ein Gel, nicht für den Magen, sondern um die Mundschleimhaut zu stimulieren. Hilft, spüle den Mund mit Wasser aus. Schnaufe jetzt bewusst stark und im Rhythmus, Energie kommt, ich kann weiter traben, 7er Schnitt, denke an Andy und dass eine Langdistanz nichts im Vergleich zu den echten Herausforderungen des Lebens ist

. Es läuft wieder, Kreislauf stabil.
Erstmals holpere ich nicht im Stadion und finishe nach 4.37 Std. Laufen hochzufrieden in gesamt 12.30 Stunden

.
Schwimmen war in 1.16.51 Std. für mich sogar unverhoffte neue MS Bestzeit

, Radeln in 6.24 Std. erwartungsgemäß bescheiden.
Vielen lieben Dank für die zahlreichen Anfeuerungen auf der Strecke oder virtuell(wie Hanse, der Herzblatt bestens über meine Standorte informierte)